Chronik/Welt

"New York Times" plädiert für Cannabis-Legalisierung

Es darf als Zäsur gewertet werden: Eines der angesehensten US-Presseorgane, die New York Times, hat sich für die Legalisierung von Cannabis ausgesprochen. In einem Aufsehen erregenden Leitartikel vom Samstag wurde das seit mehr als vier Jahrzehnten gültige Verbot mit den Zeiten der Prohibition von 1920 bis 1933 verglichen, als Herstellung und Verkauf von Alkohol in den Vereinigten Staaten strikt untersagt waren.

Dazu hieß es, Cannabis-Sucht bringe im Vergleich mit Alkohol- und Tabakabhängigkeit "relativ geringfügige Probleme" mit sich. In dem Leitartikel wiesen die Autoren darauf hin, dass genussfreudige Menschen schon während der Prohibition weitergetrunken hätten, wodurch "gesetzestreue Bürger zu Kriminellen gemacht wurden und Verbrechersyndikate ihre Blütezeit erlebten".

Rassistische Auslegung

Außerdem seien heute junge schwarze Männer laut FBI-Statistiken eindeutig die Hauptleidtragenden des im Ergebnis "rassistischen" Cannabis-Verbots. Auch US-Präsident Barack Obama wies bereits darauf hin, dass arme Jugendliche, die gesellschaftlichen Minderheiten angehören, häufiger für Marihuana-Konsum ins Gefängnis wandern als besser situierte Altersgenossen. Nach Angaben der US-Bundespolizei gab es 2012 über 650.000 Festnahmen wegen Marihuana-Besitzes - wesentlich mehr als bei Kokain, Heroin und verwandten Drogen.

Zwar sprach sich die New York Times in ihrem - auch redaktionsintern kontrovers diskutierten - Beitrag dafür aus, den Verkauf von Marihuana an Heranwachsende unter 21 Jahren zu verbieten. Für gesunde Erwachsene scheine "moderater Konsum" aber keine Gefahr darzustellen, weshalb das vor mehr als vier Jahrzehnten vom Kongress auf Bundesebene erlassene Verbot unzeitgemäß sei.

In den kommenden Tagen will die NYT laufend Beiträge zu dem Thema bringen und fordert ihre Leser auf, sich einzubringen.

Anfang Juli ist der US-Staat Washington dem Beispiel von Colorado gefolgt: Seitdem ist es auch hier für Bürger über 21 Jahre legal, Marihuana zu kaufen und zu konsumieren. In Colorado dürfen Erwachsene seit Jahresbeginn Gras nicht nur zu medizinischen Zwecken kaufen und konsumieren. 23 Bundesstaaten sowie die US-Hauptstadt Washington erlauben den Konsum unter Auflagen zu medizinischen Zwecken. Auf Bundesebene bleibt Cannabis weiter illegal.

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