Chronik/Welt

Keine Rückkehr in Sandy-Hook Grundschule

Die von einem Amoklauf erschütterte Kleinstadt Newtown im US-Bundesstaat Connecticut kehrt langsam zur Normalität zurück. Die meisten Kinder und Jugendlichen in Newtown gingen am Dienstag wieder in ihre Schulen. Nur die Überlebenden des Massakers an der Sandy-Hook-Grundschule blieben weiter zuhause. Am Montag waren die ersten beiden jungen Opfer zu Grabe getragen worden. Trauerfeiern für weitere Opfer sollen in den kommenden Tagen stattfinden.

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Spurensuche geht weiter

Polizisten sicherten die diversen Schulgebäude in Newtown. Absperrband sollte Außenstehende von der Saint-Rose-Grundschule fernhalten. An der Hawley-Grundschule brachte ein Paar ihren jungen Sohn ins Gebäude und umarmte einen Polizisten, der am Eingang Wache stand. Peter Muckell begleitete seine Tochter zu der Grundschule. "Ich möchte, dass sie zurück in den Alltag kommt", sagte er. Die Kindern könnten trotz des schrecklichen Verbrechens nicht "in einer Blase" bleiben.

Die Sandy-Hook-Grundschule war weiter abgesperrt, Ermittler setzten ihre Spurensuche am Tatort fort. Für die Überlebenden des Massakers sollte Ende der Woche in einem Ersatzgebäude in der Nähe von Newtown der Unterricht wieder beginnen. Mittlerweile hat sich auch die US-Waffenlobby mit einer kurzen Stellungnahme zu Wort gemeldet. Sie sei "schockiert, traurig und todunglücklich" über die "schrecklichen und sinnlosen Morde".

Bei dem Amoklauf waren am Freitag 20 Kinder und sechs Erwachsene in der Schule erschossen worden. Der 20-jährige Täter, der zuvor zuhause auch seine Mutter getötet hatte, richtete sich nach der Bluttat selbst. Über seine Motive herrscht weiter Rätselraten. Bisherige Ermittlungen zeichnen das Bild eines scheuen jungen Mannes, der zurückgezogen im Haus seiner Mutter lebte (Adam Lanza: Porträt eines Einzelgängers). Doch auch die Mutter des Amokschützen bleibt ein Rätsel (siehe unten).

In einem Fall voller unbeantworteter Fragen bleibt die Mutter des Amokschützen von Connecticut das eigentliche Rätsel. Während in den Medienberichten und Diskussionen über die Bluttat des 20-jährigen Adam Lanza an einer Grundschule im Ort Newtown fast ausschließlich die 20 getöteten Kinder und sechs Schulangestellten erwähnt werden, scheint es fast, als ob Nancy Lanza gar nicht existiert hätte. Dabei war die Mutter am Freitag das erste Opfer ihres Sohnes, als dieser ihr mit einer ihrer eigenen Waffen in den Kopf schoss. Freunde zeichnen ein widersprüchliches Bild von Nancy Lanza.

Doppelleben

Die Persönlichkeit dieser blonden Frau, die auf den im Fernsehen gezeigten Bildern fröhlich und lächelnd erscheint, bleibt wenige Tage nach dem Amoklauf ihres Sohnes für viele ein Mysterium. Inmitten zahlreicher Gerüchte und unbestätigter Medienberichte, ergibt sich von Nancy Lanza das Bild einer Person mit einem Doppelleben: auf der einen Seite die typische Vorort-Mutter - eine Überlebenskünstlerin mit einem Arsenal tödlicher Waffen in einer Vorzeigevilla auf der anderen Seite.

Die einzig gesicherten Fakten über Nancy Lanza sind, dass sie von einem Manager des Energiekonzerns General Electric geschieden ist, in einem schönen Haus in einem gut situierten Stadtteil von Newtown lebte und dass sie mehrere Waffen besaß, darunter das Bushmaster-Sturmgewehr und zwei halbautomatische Handfeuerwaffen, die ihr Sohn gegen sie und seine Opfer in der Grundschule richtete, bevor er sich selbst tötete.

In den ersten Stunden nach dem Blutbad hieß es zunächst fälschlicherweise in Medienberichten, Nancy Lanza habe als Lehrerin an der Schule gearbeitet. Inzwischen ist aber klar, dass weder sie noch ihr Sohn eine Verbindung zu der Schule hatten.

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Auf Katastrophe vorbereitet

Nancy Lanza sei ein "Prepper" gewesen, jemand, der sich darauf vorbereitet, im Katastrophenfall oder dem Zusammenbruch der Weltwirtschaft zu überleben, sagte ihre frühere Schwägerin Marsha Lanza im US-Fernsehen. Andere beschreiben Nancy Lanza dagegen nicht als Waffennärrin, sondern als sanfte und liebevolle Frau, die - wie viele US-Bürger - zufällig das Schießen liebte. Sie sei mit ihren Waffen "sehr verantwortungsbewusst" umgegangen, sagte beispielsweise ein Freund, Russ Hanoman, dem Sender CNN.

Ein anderer Freund, Sebastian Morrell, sprach von ihrer "großen Moral". Ein weiterer, John Bergquist, nannte Nancy Lanza eine "reizende Frau". "Sie brachte einen einfach zum Lächeln, wenn man den Raum betrat."

Offenbar schien sich Nancy Lanza vor allem um ihren Sohn zu kümmern, der als ungewöhnlich klug aber sozial merkwürdig beschrieben wird. Im Gegensatz zu seinem 24 Jahre alten Bruder, der als Steuerexperte in die Fußstapfen seines Vaters trat, wohnte Adam weiter bei seiner Mutter. Wirklich gekannt haben soll ihn kaum jemand.

Sohn zu Hause unterrichtet

Nancy Lanza habe Adam zuletzt zu Hause unterrichtet, sagte Marsha Lanza CNN. Freunde der Getöteten sagten dem Sender am Montag, Nancy Lanza habe Newtown mit Adam im kommenden Jahr verlassen wollen, um nahe einer Universität zu sein, die für ihr schwieriges Kind geeignet sei.

Die Polizei erklärte, sie verfüge über Erkenntnisse zum Tod von Nancy Lanza sowie über die Umstände, die ihren Sohn dazu trieben, das Blutbad an der Sandy-Hook-Grundschule anzurichten. Möglicherweise wird eines Tages mehr über Nancy Lanza bekannt. Doch welche Geheimnisse sie auch immer hatte - sie hat sie mit ins Grab genommen, als ihr Sohn sie zuhause erschoss.