Chronik/Welt

Mars-Auswanderer gesucht

Temperaturen zwischen minus 100 und minus 20 Grad Celsius, Luftdruck wie in einer Vakuumröhre, ständiger Beschuss durch energiereiche Partikel von der Sonne: Der Mars ist nicht unbedingt der geeignete Platz, um sich häuslich niederzulassen. Trotzdem ist das Interesse am Projekt der niederländischen Organisation Mars One ausgesprochen hoch. Mehr als 10.000 Interessenten aus hundert Ländern haben sich schon via Internet für die Reise zum Roten Planeten beworben.

Es ist eine Expedition ohne Wiederkehr, denn der Gründer von Mars-One, Bas Lansdorp, hat eine Rückreise zur Erde in seinen Plänen nicht vorgesehen. Allein der etwa acht Monate dauernde Flug zum Mars und der dortige Aufenthalt, erklärt er, würden es für Menschen ohnehin unmöglich machen, sich danach wieder auf ein Leben in der Erdatmosphäre einzustellen. Die Erdanziehungskraft wäre viel zu groß.

Mars-One präsentiert auf seiner Homepage bereits ein ausführliches Konzept für die Ansiedlung von Menschen. Man werde mit heute bereits existierenden Technologien Energie produzieren, Wasser aus der Umgebung gewinnen und damit Glashäuser zum Anbau von Nahrungsmitteln betreiben. Im Abstand von zwei Jahren sollen dann weitere Siedler folgen, die die Mars-Kolonie auch mit neuen Vorräten versorgen werden.

Strahlengefahr

Obwohl viele Wissenschaftler an der tatsächlichen Realisierbarkeit des Projekts zweifeln, hat Mars One immerhin einen Nobelpreisträger für Physik als wissenschaftlichen Berater gewonnen. Der theoretische Physiker Gerard’t Hooft gibt trotzdem zu, dass die gesundheitlichen Risiken für Mars-Siedler derzeit nicht klar abzuschätzen seien. Die Strahlung, der die neuen Bewohner ausgesetzt wären, sei mit nichts vergleichbar, das auf der Erde bereits getestet worden sei. Kollegen halten die Strahlung auf jeden Fall für so gefährlich, dass die Bewohner nur unter einer mehrere Meter dicken Erdschicht überleben könnten.

Sie habe keinen Zweifel, dass man Menschen zum Mars bringen könne, sagte eine US-Weltraumexpertin gegenüber der BBC. Aber: „Ob sie über einen längeren Zeitraum überleben können, ist weitaus zweifelhafter.“ Ein erster Entwurf eines Anzugs für eine mögliche Mars-Mission ist übrigens erst im Vorjahr in einer Eishöhle im Dachstein-Massiv getestet worden.

Offene Fragen

Vorerst ungeklärt ist auch die Finanzierung des Projekts. Eine erste Schätzung der Organisatoren rund um Lansdorp beläuft sich auf etwa vier Milliarden Euro. Diese Summe soll vor allem durch Sponsoren und Spenden aufgebracht werden. Doch auch die Bewerber müssen eine kleine Gebühr, abhängig von ihrer Nationalität, entrichten.

Eine Haupteinnahmequelle soll die Vermarktung der Fernsehrechte des Projekts sein. Im Stil von „Big Brother“ soll nämlich das Leben der Mars-Auswanderer von Beginn an vom Fernsehen mitverfolgt werden. Sind aus den Tausenden Bewerbern aus der ganzen Welt einmal 40 ausgewählt worden, beginnen die physischen und psychischen Vorbereitungen für die Mission. Training und das Finale des Auswahlverfahrens werden ebenfalls im Fernsehen zu sehen sein. Egal also, wie weit es die Mars-Mission tatsächlich schafft, weltweite Aufmerksamkeit ist dem Projekt schon jetzt sicher.

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