Chronik/Welt

Fra: "Monarchische" Gnade für Gatten-Mörderin

Es ist eine der seltenen Entscheidungen von Präsident Francois Hollande, die von allen politischen Kräften Frankreichs begrüßt wurde: die Begnadigung und sofortige Freilassung der 69-jährigen Gatten-Mörderin Jacqueline Sauvage.

Die pensionierte Textilarbeiterin und vierfache Mutter hatte im September 2012 zum Jagdgewehr gegriffen und ihren Mann erschossen. Dem war ein Streit um den Sohn vorausgegangen, der vom tyrannischen Vater aus dem Familienbetrieb getrieben worden war und (aber das wusste Jacqueline zur Tatzeit noch nicht) Selbstmord begangen hatte.

Vor allem aber hatte Jacqueline in ihrer 47-jährigen Ehe immer wieder die Gewaltausbrüche ihres Mannes erduldet und obendrein den sexuellen Missbrauch ihrer drei Töchter erleben müssen. Töchter und Nachbarn bestätigten dies vor Gericht. Aber Jacqueline wurde vorgehalten, nie Anzeige erstattet zu haben. Am schwersten wog freilich, dass sie keine unmittelbare Notwehrsituation geltend machen konnte. Ein Geschworenengericht verurteilte sie zu zehn Jahren Haft.

Das Urteil sorgte allerdings für Empörung: Im vergangenen Jänner machte Hollande von seinem Gnadenrecht erstmals Gebrauch und gewährte Sauvage eine Teilreduzierung ihrer Strafe – Voraussetzung, ein Gericht erlaubt eine bedingte Freilassung. Aber das Gericht verwarf das Ansuchen: die Verurteilte würde "ihre Tat nicht genügend infrage stellen". Jetzt proklamierte der Staatschef die totale und sofortige Begnadigung – ein Vorrecht, das Hollande einst als monarchisches Überbleibsel kritisiert hatte und abschaffen wollte.