Chronik/Welt

Frankreich: Bürgerliche werden Skandalkandidaten nicht los

Die Tragikomödie um den Präsidentschaftskandidaten der bürgerlichen Großpartei "Les Républicains" (LR) ging auch am Montag schwungvoll weiter. Gleich am Morgen sorgte der Bürgermeister von Bordeaux, Alain Juppé, für einen Paukenschlag: er werde nicht als Ersatzkandidat einspringen, seine Absage sei definitiv.

Der moderate Polit-Veteran Juppé war seit Tagen von LR-Parteigranden, allen voran Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy, bekniet worden, sich an Stelle des Skandal-belasteten Kandidaten Francois Fillon zu bewerben. Nach längerem Zögern hatte Juppé eingewilligt unter der Bedingung, dass Fillon ihm das Feld überlassen würde.

Stattdessen aber absolvierte Fillon am Sonntag einen geharnischten Auftritt vor zehntausenden Anhängern in Paris, wobei er sich entschlossen zeigte, an seiner Kandidatur festzuhalten. Die Unterstützung so vieler Kundgebungsteilnehmer scheint Fillon darin bestärkt zu haben, er könne die auf ihn lastende Affäre übertauchen.

Für die meisten bürgerlichen Politiker ist das eine Selbsttäuschung, weil sie in ihren Wahlkreisen pausenlos auf Fillons Vergehen angesprochen werden. Wie das Magazin Canard enchainé Ende Jänner aufdeckte, hat Fillon jahrelang seine Frau und zwei seiner Kinder als Parlamentsassistenten großzügig entlohnen lassen, obwohl sie keiner diesbezüglichen Tätigkeit nachgingen. Inzwischen wurde Fillon für den 15. März von U-Richtern vorgeladen, ihm droht ein Anklageverfahren.

Die Anwälte von Fillon setzen darauf, dass sich die Nichttätigkeit seiner Frau gerichtlich schwer nachweisen lässt (obwohl seine Frau das selber mehr oder weniger eingestanden hat) und die Anklage fallen gelassen wird. Bei seinen öffentlichen Auftritten versucht Fillon von diesem eigentlichen Vorwurf (dass Frau und Kinder fürs Nichtstun bezahlt wurden) abzulenken, indem er sich neuerdings reuevoll über seinen "Fehler" auslässt, seine Frau angestellt zu haben – was legal ist, wie er selber immer betont, und auf etliche andere Abgeordnete zutrifft.

Die von ihm dermaßen klein geredete Affäre dürfe doch nicht dazu herhalten, so suggeriert Fillon, den einzigen Hoffnungsträger des bürgerlichen Lagers gegenüber der Populistin Marine Le Pen aus dem Rennen zu schlagen.

Die übrigen LR-Politiker, die dieses Beharren von Fillon für einen sicheren Weg in die Niederlage halten, haben mit der Absage von Juppé ihre Ersatzlösung verloren. Als letztes wollen die Vertrauten von Nicolas Sarkozy versuchen, Fillon dazu zu überreden, er möge doch selber seinen Ersatzkandidaten auswählen: einige jüngere, weniger bekannte Regionalpolitiker stehen zur Wahl. Aber selbst wenn sich Fillon doch noch breitschlagen ließe, hätte ein derartiger Not-Kandidat nicht unbedingt mehr Erfolgsaussichten bei den Präsidentenwahlen.