Chronik/Welt

FlyDubai-Absturz in Russland: Suche nach Ursachen

Russland trauert um 62 Opfer einer Flugzeugkatastrophe in Rostow am Don. Eine Boeing 737-800 aus Dubai stürzte am Samstag bei Sturm auf den Flughafen der Millionenstadt 1.000 Kilometer südlich von Moskau. Die Maschine zerschellte in einem Feuerball, Überlebende gab es nicht. Das Unglück geschah, als der Pilot einen zweiten Landeanflug in schwerem Wetter abbrechen wollte.

Trauer

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Während Experten am Sonntag nach der Ursache suchten, legten Trauernde in Rostow Blumen nieder und verharrten schweigend vor Tafeln mit den Namen der Opfer. Die Maschine gehörte dem Billigflieger FlyDubai, nach dessen Angaben 55 Passagiere und sieben Besatzungsmitglieder an Bord waren. Die meisten waren russische Touristen auf dem Heimflug vom Persischen Golf. Im Flughafengebäude kümmerten sich Notfallärzte und Psychologen um verzweifelte Angehörige. Präsident Wladimir Putin und Regierungschef Dmitri Medwedew ordneten schnelle Hilfe für die Betroffenen an.

Beide Flugschreiber werden in Moskau ausgewertet

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Die zwei Flugschreiber der fünf Jahre alten Boeing wurden gefunden und zur Auswertung nach Moskau gebracht. Die Geräte seien von außen beschädigt, das Auslesen der Daten könne nicht sofort beginnen, sagte ein Vertreter der Moskauer Luftfahrtaufsichtsbehörde MAK am Sonntag der Agentur Interfax.

Der Sturm über Südrussland in der Nacht auf Samstag traf mehrere Flugzeuge. Einige landeten in Rostow - wobei Passagiere hinterher berichteten, sie hätten in den Böen Todesangst ausgestanden. Ein Airbus der russischen Aeroflot aus Moskau versuchte dreimal zu landen und wich dann nach Krasnodar aus, etwa 250 Kilometer entfernt. Dorthin wurde auch ein Flugzeug von Czech Airlines aus Prag umgeleitet. Eine Maschine aus Istanbul kehrte um.

Die Boeing aus Dubai hatte der Pilot nach einem missglückten Anflug zunächst zwei Stunden über der Region kreisen lassen, er hielt mit dem Tower Kontakt wegen der Wetterlage. Eigentlich habe der Kapitän auch den verhängnisvollen zweiten Anflug abbrechen wollen, berichtete der TV-Sender Rossija24 unter Berufung auf Ermittler. "In dem Moment, als er eine weitere Schleife fliegen wollte, ist etwas geschehen, und die Maschine ist abgestürzt", sagte ein Korrespondent.

Gegen 3.40 Uhr Ortszeit (1.40 Uhr MEZ) schlug die Maschine steil mit dem Bug voran 250 Meter von der Landebahn entfernt auf. Die Aufnahme einer Überwachungskamera zeigt eine Stichflamme und dann einen Feuerball. Nach russischer Einschätzung könnte der Absturz durch Seitenwindböen, einen technischen Defekt oder Pilotenfehler ausgelöst worden sein. Der Chef von FlyDubai, Ghaith Al Ghaith, bat am Sonntag auf Facebook um Zeit für die notwendigen Ermittlungen.

Als Soforthilfe stellte die Gesellschaft den Familien jedes getöteten Passagiers 20.000 Dollar (etwa 17.750 Euro) in Aussicht. Die Fluggäste waren nach Angaben von FlyDubai 33 Frauen, 18 Männer und vier Kinder. Neben Russen saßen acht Ukrainer, zwei Inder und ein Usbeke in der Maschine. Die Besatzung von Flug FZ981 kam unter anderem aus Griechenland, Spanien, Zypern, Russland und Kirgistan.

In Rostow bargen Hunderte Rettungskräfte auch am Sonntag Opfer und Trümmerteile. Die Toten wurden in die Gerichtsmedizin der Millionenstadt gebracht. "Der Prozess der Identifizierung wird nicht länger als zwei Wochen dauern", sagte der russische Verkehrsminister Maxim Sokolow.

Absturz über dem Sinai

Russland durchlebte zum zweiten Mal binnen kurzem solche Szenen: Ende Oktober 2015 war ein Touristenjet mit 224 Menschen nicht nach St. Petersburg zurückgekehrt, sondern wegen eines Anschlags über dem Sinai in Ägypten abgestürzt.

Auch die Luftfahrtbehörde der Vereinigten Arabischen Emirate vermutete im Wetter die Absturzursache. FlyDubai habe eine moderne Flotte und professionelle Besatzungen. Das bisher letzte schwere Unglück einer ausländischen Fluglinie in Russland war der Absturz eines Airbus A320 der armenischen Armavia im Mai 2006. Damals kamen bei Sotschi am Schwarzen Meer 113 Menschen ums Leben.