Chronik/Welt

Wienerin baut Tadsch Mahal-Gärten neu auf

Der Tadsch Mahal gehört zu den sieben Weltwundern der Neuzeit, gewählt bei einer weltweiten Abstimmung, organisiert von einem Schweizer Unternehmer. Politiker und Filmstars lassen sich vor dem 1631 errichteten Mausoleum ablichten, genau wie einfache Inder. Kaum beachtet wurde bisher, dass der Tadsch Mahals Teil einer großen Ufergartenstadt war. Heute sind nur noch Reste der mehr als 350 Jahre alten umliegenden Gebäude erhalten. Sie aufzuspüren und zu rekonstruieren ist die Lebens-Aufgabe der Kunsthistorikerin Ebba Koch.

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Die Wienerin ist seit 1982 mit Nachforschungen zu den ehemals 50 Gartenpavillons und Flusspalästen von Großmogul (Kaiser) Schah Dschahan beschäftigt. Die Gartenstadt war einst 300 Meter breit und fast einen Kilometer lang. Die indische Regierung will aufgrund von Kochs Forschungen zwei der historischen Paläste und Mausoleen wieder in Stand setzen. Ebba Koch ist gewissermaßen am Ziel: „Als Forscher arbeitet man im abstrakten Bereich und jetzt hat das, was ich getan habe, Auswirkungen auf die Wirklichkeit. Das ist sehr befriedigend.“ Die Moguldynastie, aus der Dschahan stammte, baute ihre Pavillons auf Terrassen, um den Fluss zu überblicken. Die geometrisch angelegten Gärten breiteten sich ins Landesinnere aus. Die Familien vertrieben sich die Zeit mit Feuerwerken und dem Besuch ihrer Zoos, exotische Ziegen waren beliebt.
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Im subtropischen Mai und Juni wurden nasse Grasmatten aufgehängt, der Wind vom Fluss verschaffte etwas Kühlung. Im Jänner und Februar wurden die Paläste mit Teppichen gegen die Kälte abgedichtet. Mogul-Teppiche mit Blumendekor aus dieser Zeit sind im Museum für Angewandte Kunst zu besichtigen. Der Arzt François Bernier vom Hof Ludwigs XIV. konnte sich Ende des 17. Jahrhunderts nicht sattsehen an den Gärten und berichtete, in Europa gebe es nichts Vergleichbares, er verstehe nicht warum so viel Aufhebens um die Pyramiden gemacht werde, diese Stadt sei eindrucksvoller .

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Die 1,6-Millionen-Metropole Agra (Nord-Indien) beherbergt außer dem Tadsch Mahal noch weitere Bauten von Weltrang, das Rote Fort etwa, die Residenz der Moghule. Dass das Flussufer einst die privilegierteste Gegend der Stadt war sei kaum mehr zu erkennen. „Das Sublime liegt neben dem Schrecklichen, typisch Indien.“
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Als Kriegsherr hatte Schabuddin Mohammed Schah Dschahan alias „Schah Dschahan“ (1592-1666) wenig Glück. Nach verlorenen Schlachten und familiären Zwisten, wurde er von einem seiner Söhne entmachtet und starb in Gefangenschaft. Jahre zuvor ließ er Denkmäler bauen, förderte indische Musik und Literatur. Mit dem „Tadsch Mahal“ (Kronenpalast) setzte er sich und seiner Lieblingsfrau ein Denkmal. Als die damals 39-jährige Mumtaz Mahal nach der Geburt ihres 14. Kindes im Sterben lag, bat sie ihn ihr ein Grabmal zu bauen, wie es die Welt noch nie gesehen hat. Der Großmogul, den Forscher heute mit Kunstförderer und Kaiser Rudolf II. vergleichen, erfüllte ihr diesen Wunsch.
Heute wird der „Tadsch Mahal“ jährlich von drei Millionen Menschen besucht. Bei frisch verheirateten indischen Ehepaaren gilt: Ein Besuch der Stätte stärkt die Liebe. 1983 wurde das Monument zur UNESCO-Weltkulturerbe-Stätte ernannt. Die Mogule entstammen einer Dynastie asiatischer Nomadenherrscher. Von 1526 bis 1856 erschufen sie ein Reich, das sich vom heutigen Pakistan über Indien bis nach Bangladesch erstreckte.