Chronik/Welt

Bridge over troubled water: Trinkwasser für Äthiopien

Bis über die Knöchel steht die vierjährige Bontu „Bone“ Dinisa in der braunen Brühe. Daraus schöpft sie mit anderen Kindern Wasser. Sie wird den Zehn-Liter-Kanister auf ihrem Rücken zwei Kilometer nach Hause tragen. Die „Suppe“ dient ihrer Mutter, die 20 Liter schleppt, zum Kochen und der siebenköpfigen Familie als Trinkwasser, das diesen Namen wirklich nicht verdient. Immer wieder schwächen Durchfallerkrankungen „Bone“ und ihre Geschwister.

Die Region Abune Ginde Beret, nordwestlich der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba, ist ein absolutes Notstandsgebiet, was die Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser anbelangt: Drei Viertel der Menschen dort sind von diesem Zugang ausgeschlossen – und beziehen ihr Trinkwasser aus Wasserlöchern, die auch von Rindern und Ziegen genützt werden und so mit Keimen und Bakterien verseucht sind.

Doch für „Bone“ und andere Kinder ihres Dorfes zeichnet sich eine Wende zum Positiven ab. „Wir haben die Region zu unserem Schwerpunktgebiet gewählt. Wir bauen einen Brunnen, damit müssen die Kleinen nicht mehr so weit gehen, und außerdem haben sie dann endlich sauberes Trinkwasser“, sagt Almaz Böhm.

Die Ehefrau des früheren Schauspielers Karlheinz Böhm, 85, ist Vorstandsvorsitzende der Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“, die ihr Gatte vor 32 Jahren ins Leben gerufen hat.

„An vielen Schrauben drehen“

Ziel sei es, so die 49-Jährige, mit der lokalen Bevölkerung Projekte zu entwickeln. Nur so könnten diese auch nachhaltig sein. So wird etwa ein „Brunnen-Komitee“ zusammengestellt, das unter anderem für die Wartung des Wasser-Reservoirs zuständig ist.

„Sauberes Wasser ist zwar eines der vordringlichsten Probleme in meiner alten Heimat“, analysiert die gebürtige Äthiopierin, „aber wir müssen an vielen Schrauben gleichzeitig drehen.“ Besonderes Augenmerk werde dabei auf die Landwirtschaft gelegt, in der 84 Prozent der schon fast 100 Millionen Einwohner des ostafrikanischen Landes tätig sind. Immer wiederkehrende Dürren und die Erosion der Böden durch Abholzung lassen die Erträge sinken. Mit alternativen Anbauformen sowie frisch angelegten Gemüsegärten kommen die Bauern jetzt besser über die Runden.

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Ein besonderer Renner, sagt Almaz Böhm, seien die Kleinkredite. Bei selbst verwalteten Kreditvereinen (das Geld kommt meist in eine versperrte Holzkiste) können Frauen Mini-Darlehen aufnehmen. „Ich habe mir 1500 Birr (60 Euro) geliehen und damit drei Schafe und Ziegen gekauft“, sagt Zewde Tessema. Die Tiere vermehrten sich, aus dem Verkaufserlös des Nachwuchses beglich die sechsfache Mutter nicht nur ihre Schulden, sondern erwarb auch neue Vierbeiner. „Heute habe ich ein Dutzend Rinder, mehrere Esel und mehr als 20 Schafe und Ziegen“, erzählt die 36-Jährige stolz. Die schlimmste Armut haben Tessema und ihre Familie hinter sich gelassen.

Soru, die Mutter von „Bone“, hat ihr nächstes Projekt auch schon vor Augen: „Ich will so einen Sparofen, den ,Menschen für Menschen‘ (den Namen der Organisation sagt sie auf Deutsch) bei uns in der Region eingeführt hat.“ Dieser braucht bei selber Leistung viel weniger Brennholz. „Statt wie bisher zwei bis drei Tage komme ich mit dem Holz jetzt acht Tage lang aus“, so die Frau. Damit würden sie und ihre Kinder weniger Stunden damit verbringen, Feuermaterial heranzuschaffen. Es bleibe mehr Zeit für Schulaufgaben. Denn Bildung „ist ganz wichtig, um der Armut zu entkommen“.

„Menschen für Menschen“. Zu Jahresbeginn gingen die Wogen um „Menschen für Menschen“ (MfM) hoch. Ein Spender kritisierte die Hilfsorganisation: Gelder würden zweckentfremdet eingesetzt. Das Lebenswerk des Ex-Schauspielers Karlheinz Böhm geriet ins Wanken – bis Prüfer MfM reinwuschen. Sowohl die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG als auch das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen, das das Spendengütesiegel in Deutschland vergibt, bescheinigten der Organisation eine korrekte Darstellung der Bilanz, einen sauberen Umgang mit Spendengeldern, Sparsamkeit sowie effiziente Arbeit. In Österreich trägt MfM das von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vergebene Spendengütesiegel seit 2001 ohne Unterbrechung. In Äthiopien ist MfM in 15 Regionen tätig, deren Gesamtfläche zwei Drittel der Fläche Österreichs entspricht. Fünf Millionen Menschen profitieren von den Projekten.

Spenden: MfM – Raiffeisen. Kontonr.: 222.000. BLZ: 32.000. IBAN: AT28 3200 0000 0022 2000.