Chronik/Welt

"Der Tourismus muss weitergehen"

Seine Wohnung in Innsbruck gleicht einem Nepalmuseum. Den Himalaja-Staat bezeichnet Bergsteiger-Legende Wolfgang Nairz, der 1978 auf dem Mount Everest stand, als seine zweite Heimat. Die Bebenkatastrophe am 25. April erlebte der 70-Jährige hautnah auf einer von ihm organisierten Trekkingtour. Am Dienstag berichtete der Tiroler (zuletzt im KURIER leider mit einem falschen Foto abgebildet) nach seiner Rückkehr von enormen Verwüstungen im Land seines Herzens, das er seit 1970 bereits 85-mal bereist hat: "Nepal wurde um zehn Jahre zurückgeworfen. Und es wird Jahre dauern, bis es wieder auf dem Stand vor dem Beben ist."

Geschäftemacherei

Die Katastrophe ließ die Bevölkerung schwer traumatisiert zurück. "Die Menschen standen weinend vor ihren zerstörten Häusern und hielten einander an den Händen", erzählt Nairz. Er bestätigt die beschämenden Berichte, wonach die Regierung Hilfsgüter am Zoll zurückgehalten hat. Und in den Tagen nach der Katastrophe war der Tiroler Zeuge, was sich am Everest-Flughafen in Lukla abgespielt hat: "Die privaten Hubschrauber sind mit Hilfsgütern in die Berge geflogen. Zurückgekommen sind sie mit zahlenden Touristen, denen nichts fehlte."

Dabei habe die Regierung bereits am zweiten Tag nach dem Beben die Order ausgegeben, dass nur noch Rettungsflüge erlaubt seien. "In bestimmten Gegenden ist bis heute noch niemand gewesen", befürchtet der Nepal-Experte. Besonders hart habe es die Bergdörfer getroffen, die zum Teil dem Erdboden gleichgemacht wurden. Das gilt auch für die Region Solo Khumbu, das Heimatland der Sherpa. Auf das will Nairz sich nun mit seinem Verein "Nepal Hilfe Tirol", den es bereits seit 11 Jahren gibt, konzentrieren.

Nur wenige Stunden nach der Rückkehr des 70-Jährigen beriet sich der Vorstand der Initiative über die weitere Vorgehensweise. "Wir müssen sofort handeln. Jetzt ist es wichtig, dass die Leute Baumaterial bekommen", erklärt der 70-Jährige. Denn in wenigen Wochen setze der Monsun ein. Die Initiative will Direkthilfe leisten, Hilfsgüter vor Ort kaufen und sie in das Krisengebiet fliegen lassen.

Für das Bergvolk der Sherpa ist das Beben der zweite harte Schlag innerhalb eines Jahres. Der Tourismus ist die wichtigste Einkommensquelle. Die Sherpas betreiben Lodges, die nun vielfach zerstört sind, begleiten Trekkingtouren und Bergexpeditionen – etwa auf den Mount Everest. Auf dem ereignete sich bereits 2014 ein schweres Lawinenunglück. Sämtliche Expeditionen wurden abgebrochen. Und auch für heuer wurde der Berg nun gesperrt.

"Das bedeutet den Verlust eines Jahresgehalts", erklärt Nairz, der mit einer Botschaft der Sherpa im Gepäck nach Hause gereist ist: "Sie sagen, der Tourismus muss weitergehen. Man hilft den Leuten,wenn man ihnen Arbeit gibt." Touren in weniger betroffene Regionen seien möglich, so Nairz, der selbst im Juni wieder Richtung Nepal aufbrechen wird.

Hilfsaktion: Spenden an die "Nepalhilfe Tirol" auf das Konto: IBAN: AT86 3600 0000 0064 5895; BIC: RZTIAT22