Luxusjacht vor Palermo gesunken: Tech-Milliardär und andere Superreiche vermisst
Die Suche nach sechs Personen nach einem Bootsunglück vor der Küste Palermos geht weiter. Nachdem am Montag die Luxusjacht "Bayesian" in einem Sturm gesunken war, wird der britische Technologie-Unternehmer Mike Lynch vermisst. Taucher suchen in rund 50 Metern Tiefe auch nach seiner 18-jährigen Tochter Hannah sowie nach vier weiteren Menschen, zwei Ehepaaren.
Von Betrugsvorwürfen freigesprochen
Lynch wollte offenbar einen Prozesserfolg auf der Jacht feiern. Er war im Juni in den USA überraschend von Betrugsvorwürfen um den Verkauf seiner Software-Firma Autonomy freigesprochen worden. Ihm war unter anderem vorgeworfen worden, den Umsatz seines Unternehmens falsch angegeben zu haben. Die Sunday Times schätzte das Vermögen des ehemaligen Beraters der britischen Regierung auf rund 587 Millionen Euro.
Er lud Freunde und Unterstützer auf die "Bayesian“ ein. Bei den Vermissten handelt es sich laut BBC um einen Finanz-Manager, der für Lynch aussagte, und einen Anwalt sowie deren Partnerinnen. Der Chef des Spezialversicherers Hiscox bestätigte, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Jonathan Bloomer und dessen Frau vermisst würden.
Wassertornado erfasste das Schiff
Was als Party auf der Luxusjacht vor der malerischen Küste Siziliens begann, endete dramatisch. Das gewaltige Schiff lag in der Nacht zum Montag eine halbe Seemeile vor dem Hafen von Porticello vor Anker. Am frühen Morgen wurde die Nordküste Siziliens von einem schweren Unwetter mit starkem Wind heimgesucht. Ein sogenannter Wassertornado erfasste das Schiff. Bei diesem Wetterphänomen entstehen starke Bodenwirbel. Als die Wasserhose das Schiff erfasste, brach der 75 Meter hohe Mast.
Überlebende berichten von dramatischen Szenen. „Im Wasser konnte ich meine Augen nicht offen halten. Ich rief um Hilfe, aber ich hörte nur die Schreie der anderen“, erzählt eine Neuseeländerin namens Charlotte. Sie arbeitet für eine Kanzlei, die Lynch im Prozess vertreten hatte. Mit ihr an Bord war ihre einjährige Tochter: „Ich hielt sie mit all meiner Kraft über Wasser, streckte meine Arme nach oben, damit sie nicht ertrank.“
Die britische Boulevardzeitung Daily Mirror titelte: „Heldenmutter rettet Baby aus Meereshölle.“ Auch der Partner der Frau überlebte, ebenso Lynchs Ehefrau.
Bordkoch starb
An Bord der „Bayesian“ waren insgesamt 22 Menschen, zwölf Gäste und zehn Beschäftigte. 15 Passagiere wurden gerettet und eine Leiche gefunden, es soll sich um den Bordkoch handeln.
Es ist unklar, wieso das Schiff bei den schwierigen Wetterverhältnissen eine halbe Seemeile vor der Küste vor Anker lag. „Wir haben es nicht kommen sehen“, zitiert die Zeitung La Repubblica den Kapitän der „Bayesian“. Er wird ebenfalls im Krankenhaus behandelt.
Ersten Erkenntnissen der Behörde kenterte das Schiff unmittelbar danach. Offenkundig so schnell, dass sich nicht alle Passagiere aus ihren Kabinen im Unterdeck befreien konnte. Der deutsche Kapitän eines Schiffs in der Nähe, das den Überlebenden zu Hilfe kam und sie an Bord nahm, schilderte italienischen Medien das Unglück: „Zuerst kippte das Boot auf die Seite, und innerhalb weniger Minuten war es gesunken. Es ging alles sehr schnell.“
Die „Bayesian“ wurde 2008 in der Werft Perini Navi in der Toskana gebaut, wie die Zeitung La Repubblica berichtet. Sie wurde renoviert und seit 2020 für Luxuskreuzfahrten genutzt. Das Schiff hat eine Länge von 56 Metern und ist 11 Meter breit. Die große Jacht bietet Platz für insgesamt zwölf Gäste in sechs Kabinen, darunter auch eine luxuriöse Master-Suite.
Taucher gelangten in Wrack
Die Suche nach den Vermissten läuft indes unvermindert weiter. Feuerwehrtauchern ist es gelungen, durch ein Glasfenster in den Schiffsrumpf der am Montag vor Palermo gesunkenen Luxusjacht "Bayesian" zu gelangen. Um die drei Zentimeter dicke Scheibe von außen zu öffnen, war Werkzeug nötig, das extra angefertigt wurde. In die Kabinen, wo sich die Leichen der sechs Vermissten befinden dürften, kamen sie noch nicht, da einige Zugänge versperrt sind.
Das Segelschiff liegt auf einer Seite in 50 Metern Tiefe, was die Arbeiten erschwert, so die Feuerwehr von Palermo. Bisher hatten die Tauchereinheiten lediglich einige Räume unterhalb der Kommandobrücke durchsuchen können. Zahlreiche Hindernisse versperrten ihnen den Weg und die engen Räume behinderten sie.
Tauchroboter im Einsatz
Bei der Suche nach den Vermissten erhielten die Taucher am Mittwoch technische Unterstützung. So wurde ein ferngesteuerter Tauchroboter eingesetzt, der Objekte und Strukturen näher untersuchen kann. Mit einer möglichen Tauchtiefe von bis zu 200 Metern erreicht das Gerät das Wrack problemlos, teilte die Küstenwache von Palermo in einer Presseaussendung mit. Der Tauchroboter lieferte dank Videokameras Bilder, die bei der Suchaktion nützlich sein können.
Die Taucherteams der Feuerwehr bestehen aus zwei spezialisierten Höhlentauchern, die zwölf Minuten in der Tiefe bleiben, bevor sie aufsteigen, und sich ständig mit einem weiteren Team abwechseln. Derzeit wird geprüft, das Wrack unter Wasser zu öffnen, um sich Zugang zu verschaffen. Der Zugang zu den Kabinen im Unterdeck, in denen die Vermissten vermutet werden, ist noch immer versperrt.
„Aufgrund der verstrichenen Zeit und der Umstände des Ereignisses ist es natürlich schwierig, sich vorzustellen, dass sich die Dinge zum Besten wenden. Aber wir geben natürlich nicht auf“, sagte Vincenzo Zagarola von der Küstenwache im italienischen Radio.
Kurz zusammengefasst
- Nahe Palermo ist in einem Sturm ein Segelboot gesunken.
- 15 Personen konnten gerettet werden.
- Sieben Menschen werden vermisst.