Chronik/Welt

Schulbus mit Kindern angezündet: Fahrer war amtsbekannt

Am Tag nach dem Brandanschlag auf einen voll besetzten Schulbus bei Mailand fragt man sich in Italien, wieso der 47-jährige Busfahrer Ousseynou S. überhaupt noch als Schulbusfahrer arbeiten durfte. Gegen den Italiener mit senegalesischen Wurzeln wurde in der Vergangenheit wegen sexueller Belästigung eines Minderjährigen ermittelt. Die Anklage wurde jedoch fallengelassen. Auch wegen Alkohol-Vergehen war er amtsbekannt und doch schon seit 2004 Schulbusfahrer. Er ist von seiner italienischen Frau seit Längerem geschieden und Vater von zwei Jugendlichen.

Die Staatsanwaltschaft sucht ein mögliches Terrormotiv. Doch bisher konnten die Ermittler keinen Kontakt zur Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) oder zu fundamentalistischen Kreisen finden. Der Chef der Antiterror-Einheit von Mailand, Alberto Nobili, bezeichnete den Täter als „einsamen Wolf“. Sein Computer wurde beschlagnahmt.

Während der 40-minütigen Geiselnahme spielten sich dramatische Szenen ab. Die Schüler waren von einem Sportausflug zurückgekehrt, als der Fahrer plötzlich die Route änderte und sie und ihre drei Lehrer als Geiseln nahm. „Niemand kommt hier lebend raus!“, rief der Mann, während er Benzin aus zwei Kanistern verschüttete und mit seinem Feuerzeug drohte.

Kinder im Meer verloren

Die Schüler mussten ihre Handys abgeben und wurden mit Kabelbindern gefesselt, doch einem gelang es, seine Eltern anzurufen, die die Polizei alarmierten. Laut Augenzeugen habe der Fahrer gesagt, er habe „drei Kinder im Meer verloren“.

Die Polizisten konnten den Bus schließlich in San Donato Milanese südöstlich von Mailand stoppen und die rückwärtigen Fenster einschlagen. Bevor das Fahrzeug in Flammen aufging, brachten sie die Kinder ins Freie. Zwölf erlitten Rauchgasvergiftungen.

Kritik übt die italienische Tageszeitung Corriere della Sera aufgrund zu nachlässiger Kontrollen von Buschauffeuren: „Ist jemand, gegen den wegen Alkohol am Steuer und sexueller Belästigung eines Minderjährigen ermittelt wurde, wirklich als Schulbusfahrer geeignet?“

Nun sei politischer Einsatz erforderlich. Anti-Ausländer-Parolen helfen nicht weiter, sagen Kritiker der Regierung. Strenge Kontrollen von Lkw- und Busfahrern seien aber dringend notwendig.