Schlappe für Orbán: Budapest wird „freier“
Von Susanne Bobek
Selten war ein Wahlkampf derart brutal geführt worden. Für Viktor Orbán war es die erste Wahlniederlage seit seinem Regierungsantritt 2010, denn die Hauptstadt Budapest fiel an die Opposition. In Györ, der zweitgrößten Stadt, die durch ein Sexvideo ihres Bürgermeisters in den Fokus rückte, blieb FIDESZ-Kandidat Zsolt Borkai aber vorn.
In Budapest feierte der erfolgreiche Mitte-links-Kandidat Gergely Karacsony (44) seinen „historischen Sieg“, durch den Budapest „grüner und freier wird“. Die Bürger würden „sich nun ihre Stadt von der Macht (der Orbán-Regierung) zurückholen“. Karacsony versprach, Budapest ins 21. Jahrhundert und in die Mitte Europas zu führen, „wo es immer schon hingehörte“. Die Opposition wirft Orbán eine korrupte Amtsführung vor. Zu Unmut geführt hat, dass die Regierung Schulen und Gesundheitseinrichtungen der Staatsverwaltung unterstellt und den Gemeinden weggenommen hat.
Schmutziger Wahlkampf
Neben Budapest gingen weitere größere Städte an die im Wahlkampf geeinte Opposition. Auch in der südostungarischen Stadt Hodmezövasarhely konnte sich der gemeinsame Kandidat der Opposition, Bürgermeister Peter Marki-Zay, durchsetzen.
Marki-Zay hatte sich bereits 2018 bei Bürgermeister-Zwischenwahlen in der einstigen FIDESZ-Hochburg das Amt gesichert. Auch in Miskolc, Pecs und Dunaujvaros sicherten sich Oppositionskandidaten das Amt des Bürgermeisters. Dennoch bleibt das Land fest in FIDESZ-Hand, denn die Regierungspartei siegte, wie erwartetet in den meisten kleineren Gemeinden. Im Wahlkampf hatten Orbáns Gefolgsleute offen damit gedroht, dass Gemeinden, die an die Opposition fallen, keine Gelder mehr von der Regierung erhalten würden.
Und immer wieder kamen Videos in Umlauf: Im sozialistisch geführten Budapester Stadtteil Kis wurden die örtlichen Politiker dabei gefilmt, wie sie Kokain nahmen und über die Mühen des Schmiergeldgeschäfts jammerten. Im Budapester Vorort Budaörs wurde ein Oppositioneller beim Seitensprung gefilmt.
Das Sexvideo
Ganz anders verlief die Sache in Györ. Dort hatte ein anonymer Blogger, der sich „Anwalt des Teufels“ nannte, heimlich aufgenommene Videos von FIDESZ-Bürgermeister Zsolt Borkai ins Netz gestellt. Sie zeigen, wie sich Borkai im Frühjahr 2018 auf einer Jacht in der Adria mit Prostituierten vergnügt. Laut Medienberichten war auch Kokain im Spiel. Der 54-Jährige gab letztlich zu, er sei auf den Videos zu sehen.
FIDESZ bezeichnete das Sexvideo als „Privatangelegenheit“ von Borkai. Seine Frau und seine Kinder stellten sich hinter ihn, und damit war die „Heiligkeit der Familie“ auch schon wieder hergestellt. Borkai verlor zwar Stimmen, gewann aber die Wahl mit eineinhalb Prozentpunkten Vorsprung. Dass er mit Scheinfirmen Millionen an Steuergeldern gescheffelt haben soll, war den Orbán-Leuten nicht einmal einen Kommentar wert.