Chronik/Welt

Name der Mutter ab jetzt auch für italienische Kinder

Wie man weiß, ist die Familie in Italien heilig, zumindest was die Form betrifft. Gerade diese hat aber soeben einen Modernisierungsschub erhalten. Denn der italienische Verfassungsgerichtshof kippte das Gesetz, laut dem ein Kind automatisch den väterlichen Familiennamen bekommt.

Was sich von außen gesehen für viele als eine Selbstverständlichkeit anhören mag, bezeichnen die italienischen Medien als einen „epochalen“ Entschluss. Warum das so ist, erklärt sich von selbst: Seit Jahren warten die Italiener, vergeblich, auf ein diesbezügliches, dem gesellschaftlichen Wandel, angepasstes Gesetz.

"Diskriminierend und rechtswidrig"

Stattdessen musste wieder einmal, wie schon im Fall der Sterbehilfe, der Verfassungsgerichtshof einschreiten. Dieser bezeichnete jetzt die vom Zivilgesetzbuch vorgesehene automatische Zuweisung des väterlichen Familiennamens „diskriminierend und rechtswidrig im Bezug auf die Identität des Kindes“. Außerdem widerspricht es der italienischen Verfassung, in der die moralische und rechtliche Gleichberechtigung der Ehepartner verankert ist.

Es war ein langer Weg, den viele Paare gegangen sind, bevor Italien, das zuweilen noch in seinen patriarchalen, von Männern dominierten gesellschaftlichen Struktur gefangen bleibt, diesen weiteren Schritt in Richtung Grundrechte und Gleichberechtigung machte.

Der Mailänder Rechtsanwalt Luigi Fazzo sagte der Tageszeitung Repubblica, dass er und seine Frau Alessandra Cusan zwanzig Jahren darum gekämpft haben. Sie hatten einvernehmlich beschlossen, ihren Kindern, mittlerweile drei erwachsenen Söhnen, den Familiennamen der Mutter zu geben. Fazzo fand die bestehende Norm absurd, seine Frau eine Volkswirtin kämpfte im Namen des Feminismus. „Wir sind alle Instanzen durchgelaufen, haben Italien sogar vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezerrt. Und gewonnen. 2014 verurteilte der EGMR Italien deswegen.“

Kirche dagegen

Jetzt wäre das Parlament am Zug ein Gesetz dazu zu entwerfen. Aus kirchlichen Kreisen wurden jedoch schon Zweifel zu diesem Entschluss hörbar. Es heißt, man befürchte, dass diese Änderung zum Untergang der Familie führe. Auch die nationalpopulistische Lega zeigt sich vorsichtig. Doch der Entschluss des Verfassungsgerichtshofs ist mit oder ohne Gesetz rechtsgültig.

Andrea Affaticati, Mailand