Goldman Sachs fiel auf Hochstapler rein
Von Susanne Bobek
Für den malaysischen Investor Jho Low ist mit 37 Jahren Schluss mit lustig. Er ist auf der Flucht.
Zu seinem 30. Geburtstag sprang noch Britney Spears im goldenen Bikini aus der Torte, die bei einer Riesenparty in Las Vegas angeschnitten wurde. Doch nun ist das vermeintliche Finanzgenie verschwunden und mit ihm rund drei Milliarden Dollar aus dem malaysischen Staatsfonds 1MDB. Und Goldman Sachs, das Investmenthaus an der Wall Street, droht der peinlichste Skandal seiner Geschichte.
Jho Low war ein Menschenfischer. Er befreundete sich mit Bankern von Goldman Sachs. Das Investmenthaus kassierte dafür 600 Millionen Dollar für die Mitverwaltung des Fonds. Die schillernde Banker glaubten, dass ihnen im unregulierten Asienmarkt schon nichts passieren würde.
Die Spesenkasse
Für die US-Staatsanwaltschaft war der Fonds nichts anderes als „eine milliardenschwere Spesenkasse“. Jho Low gönnte sich ein Leben im Kreise von Hollywoodgrößen. Nur so viel: Im Zuge der Affäre musste Leonardo di Caprio einen Picasso den US-Behörden ausliefern. Jho Low hatte ihm das Gemälde geschenkt.
Über Low Taek Jho, kurz Jho Low, ist eigentlich wenig bekannt: Er absolvierte das Eliteinternat Harrow School in London. Dort befreundete er sich mit Riza Aziz, dem Stiefsohn des späteren malaysischen Premierministers Najib Razak, der von 2009 bis zu seinem unschönen Abgang 2018 regierte. In einem prachtvollen goldenen Palast in Kuala Lumpur.
Der selbst ernannte Investor mit dem Kuchengesicht gewann das Vertrauen des Premiers und verschaffte sich den Zugriff auf den Staatsfonds 1MDB.
250-Millionen-Yacht
Die Wall Street und Hollywood: Alle waren geblendet vom unfassbaren Reichtum dieses fröhlichen jungen Mannes. Jho Low lud auf seine 250 Millionen Dollar teure Yacht Equanimity, die jetzt auf die Versteigerung wartet. Er verkuppelte Banker mit wunderschönen, aber geldknappen Jungstars und Sternchen. Er beteiligte sich an Filmprojekten und war Mitfinanzier von „The Wolf of Wall Street“. Um das gestohlene Geld zu waschen, habe Low es in den USA ausgegeben für Villen, Juwelen und Kunst. 2013 ersteigerte er bei Christie’s ein Gemälde von Jean-Michel Basquiat um den Rekordpreis von 48,8 Millionen Dollar.
Skrupellose Banker
Bei Goldman Sachs fand Jho Low seinen treuesten Komplizen. Der frühere Südostasien-Chef war der deutsche Tim Leissner, der als skrupellos galt. 2013 heiratete er Reality-Star Kimora Lee Simmons, die Ex-Frau des bekannten Hip-Hop-Produzenten Russell Simmons.
2016 war die Party vorbei. Leissner wurde von Goldman Sachs gefeuert. Er hat sich bereits wegen Betrugs, Bestechung, Geldwäsche und Veruntreuung schuldig bekannt. Leissners Vize, der Malaysier Roger Ng, wurde jetzt in New York angeklagt. Ein dritter Goldman-Manager ist beurlaubt.
Konzern-Kultur
Leissner erklärte bei seinem Schuldgeständnis vor einem New Yorker Gericht, mehrere Topmanager Goldmans seien eingeweiht gewesen – „im Einklang“ mit der Konzern-Kultur.
Die US-Anklage stützt sich auf jahrelange Ermittlungen. Demnach veruntreute Jho Low, assistiert von Leissner, Ng und anderen, von 2009 bis 2014 fast drei Milliarden Dollar aus dem malaysischen Staatsfonds 1MDB. Dazu hätten sie auch Politiker bestochen, allen voran den Ministerpräsidenten Malaysias Najib Razak.
Die Reporter des Wall Street Journal Tom Wright und Bradley Hope berichten in ihrem Buch „Billon Dollar Whale“ über den Fall. Die Rolle von Goldman Sachs ist noch nicht gänzlich geklärt.
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