Chronik/Welt

Gestohlene Fotos? Spanische Frauen-Kampagne löst Empörung aus

Fünf Frauen genießen einen Tag in der Sonne; drei von ihnen sind übergewichtig, eine hat nach einer Masektomie nur mehr eine Brust. Mit diesem Werbebild, einer Montage aus mehreren Einzelfotos, wollte die spanische Regierung Frauen und Mädchen ermutigen, auch ohne vermeintliche Idealfigur den Strand zu besuchen.

Das mit „Der Sommer gehört auch uns“ betitelte Sujet erhielt in den Sozialen Medien zunächst viel Zuspruch, auch im Ausland wurde darüber berichtet.

Für einen Skandal sorgt nun allerdings, dass zumindest drei der gezeigten Frauen einer Verwendung ihrer Bilder nicht zugestimmt haben.

Eine davon ist das britische Model Nyome Nicholas-Williams, deren Foto von ihrem Instagram-Profil gestohlen wurde. Einer ihrer Follower habe sie darauf aufmerksam gemacht, erzählte die junge Frau der BBC, wonach sie öffentlich protestiert habe.

Die Begründung des staatlichen spanischen Fraueninstituts, dem verantwortlichen Team sei schlicht „die Zeit davongelaufen“, weshalb es nicht um Erlaubnis fragen konnte, habe sie nicht nachvollziehen können, so Nicholas-Williams. Besonders da diese Aussage von Menschen gekommen sei, die eigentlich für Frauenrechte kämpften: "Klar bin ich ein Model und es gibt Fotos von mir in Unterwäsche, aber es ist immer noch mein Körper."

Prothese wegretouchiert

Auch die Britin Sian Green-Lord ist von dem Foto-Diebstahl betroffen. Vor zehn Jahren hat sie bei einem Autounfall ein Bein verloren und trägt seither eine Prothese. Green-Lord kämpft für Inklusion, unter anderem indem sie Fotos aus ihrem täglichen Leben auf Instagram postet.

Eines davon, auf dem sie auf einer Sonnenliege liegt und die Hand zu einem Victory-Zeichen formt, wurde für das spanische Werbesujet verwendet. Die Prothese wurde allerdings wegretuschiert und durch ein gesundes Bein ersetzt. „Ich zittere noch am ganzen Körper“, schrieb Green-Lord auf Instagram. „So sehr habe ich schon lange nicht mehr geweint.“

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Kopf auf fremdem Körper

Gestohlen und retuschiert wurde offenbar auch das Bild einer Frau, die sich nach einer Brustkrebserkrankung beide Brüste abnehmen ließ. Juliet Fitzpatrick, ebenfalls eine Britin, informierte das Fraueninstitut darüber, dass sie sich auf dem Bild wiedererkenne. Sie sei unglücklich damit, ihren Kopf auf dem Körper einer Frau zu sehen, die noch eine Brust habe, schrieb sie,

Mittlerweile hat sich das Fraueninstitut, das dem spanischen Gleichstellungsministerium unterstellt ist, für den entstandenen Schaden entschuldigt und das Bild aus seinen Social-Media-Kanälen entfernt. Die Grafikerin, die das Bild gestaltet hat, werde ihr Honorar mit den betroffenen Frauen teilen, hieß es laut Deutscher Welle in einer Stellungnahme. In spanischen Medien heißt es, die Kampagne habe 84.000 Euro gekostet, wovon die Grafikerin 5.000 erhalten habe. Wohin der Rest des Geldes geflossen sei, sei unklar.

Der Skandal ist jedenfalls ein Imageverlust für die sozialistische spanische Regierung, die in den vergangenen Monaten die Gleichberechtigung von Frauen massiv vorangetrieben hat. So wurde nicht nur der Zugang zu Abtreibungen erleichtert und die Möglichkeit eines Menstruationsurlaubs geschaffen, sondern auch ein neues Gesetz erlassen, wonach Sex der eindeutigen Zustimmung aller Beteiligten bedarf.