Chronik/Welt

Mysteriöse Ölpest vor Brasilien

Erst das Foto von einem kleinen Buben, der mit einem Plastikumhang aus dem pechschwarzen Wasser steigt, rüttelte einen Teil der Welt auf. Seit drei Monaten werden an Brasiliens Nordostküste Ölklumpen angeschwemmt. Die Ursache: unklar. Umweltverbände und die lokale Bevölkerung werfen der Regierung Untätigkeit und Versagen vor.

Betroffen ist ein 2500 km langer Küstenabschnitt, das entspricht der Länge der Strände von Spanien und Frankreich zusammen.

Morphologische Tests haben ergeben, dass es sich um venezolanisches Öl handeln muss. Dieses ist besonders schwer, zähflüssig und enthält viel Schwefel. Dass es mit der Strömung kommt und auf so einer langen Fläche angeschwemmt wird, bezweifeln aber viele Fachleute.

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Die Ölpest stellt sich anders dar als andere Ölverschmutzungen im Meer. So ist kein Ölteppich auf der Wasseroberfläche zu sehen, das Öl wird in Klumpen an den Strand geschwemmt. Dort müssen sie von Hand oder mit Werkzeugen entfernt werden. Die ansässigen Menschen sind verunsichert, denn betroffen sind beliebte Touristen- und Badestrände. Angesichts der anstehenden Sommersaison befürchten sie, dass das Tourismusgeschäft einbrechen könnte.

Die Regierung Bolsonaro hat die Ölpest bisher mehr oder minder ignoriert. Viele sagen, weil in der Region um Recife und weiter südlich die Mehrheit nicht Bolsonaro gewählt hat. Doch das Öl bedroht die Mündungen großer Flüsse, etwa die des Rio São Franciscos. Es setzt sich in Mangrovenwäldern und auf Korallenriffen fest und gefährdet die Laichplätze von Fischen. Außerdem sind die Eierablageorte von Schildkröten sowie die Paarungsgebiete von Delfinen und Buckelwalen betroffen. Der nördliche Abschnitt der Region ist wegen seiner konstanten Winde bei Kite-Surfern aus aller Welt beliebt.

Vor allem freiwillige Helfer haben bisher 2000 Tonnen Öl eingesammelt. Ganze Dörfer rücken aus, um ihre Strände sauber zu machen.

Aufstachler in Brasilia

Doch in Brasilia üben sich Politiker in Untätigkeit. Umweltminister Ricardo Salles präsentierte auf Twitter das Foto eines Greenpeace-Schiffs, das vor der Küste gekreuzt sein soll, als die Ölpest ausbrach. „Es gibt schon Zufälle im Leben ...“ Brasiliens Medien warfen ihm daraufhin Inkompetenz vor. Er sei ein „Aufstachler im Kostüm eines Umweltministers“, schrieb die Zeitung O Globo.

Nun gibt es einen neuen Schuldigen: Ein griechischer Tanker namens Bouboulina soll das Öl auf seinem Weg von Venezuela nach Malaysia vor Brasiliens Küste verloren oder illegal ins Meer geleitet haben. Die Reederei verneinte jede Verbindung zu dem Desaster, man habe kein Öl verloren, die Ladung sei ohne Verluste gelöscht worden. Bolsonaro tut weiter – nichts.

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