Deutschland: Debatte um Tempo 130 auf Autobahnen nimmt weiter Fahrt auf
Von Walter Friedl
„Meine Überzeugung wächst angesichts der sich dramatisch veränderten Klimasituation, dass Regierungspolitik den Mut haben muss, unpopuläre Entscheidungen kurzfristig zu treffen“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt, 72, der Bild. Und stellt sich damit gegen die derzeit (noch?) vorherrschende Meinung innerhalb der Unionsparteien und vor allem gegen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Denn dieser will von Tempo 130 km/h auf deutschen Autobahnen, wie es SPD, Grüne und Die Linke fordern, ohne die nötige Parlamentsmehrheit zu haben, nichts wissen. Doch die Front beginnt offenbar zu bröckeln.
Und die Sozialdemokraten jedenfalls wollen nicht lockerlassen und die heikle Frage 2020 auf die Agenda der großen Koalition setzen, die das Thema in der Regierungsübereinkunft ausgespart hat. Die Hauptargumente der Befürworter eines solchen Limits: Weniger klimaschädlicher -Ausstoß, mehr Sicherheit.
Dass beides durch Tempo 130 signifikant erreicht werden könnte, bestreitet Scheuer. Auch der Automobilklub ADAC hat sich gegen eine solche Maßnahme ausgesprochen, ebenso 31 Prozent der Deutschen – laut Umfragen.
„Ernst der Stunde verdrängt"
Zu den Fakten: Laut Süddeutsche Zeitung gibt es in Europa uneingeschränkte Fahrt auf 18.000 Autobahnkilometern, die sich allesamt in Deutschland befinden. Das seien etwa 70 Prozent des Autobahnnetzes der Bundesrepublik. Über eine Verringerung der -Emissionen bei 130 km/h gebe es bloß alte oder wenig aussagekräftige Studien. Der Verkehr sei aber für ein knappes Fünftel des Ausstoßes des klimaschädlichen Gases verantwortlich.
Patzelt hat jedenfalls auf eigene Kosten 500 Aufkleber „Tempo 130“ geordert, die er gegen Portogebühr verschenken will: „Der Ernst der Stunde wird meines Erachtens nicht erkannt oder verdrängt.“