Chronik/Welt

Brauereien und Klimawandel: Dürre und Hitze setzten Braugerste und Hopfen zu

Die Erderwärmung wirkt sich zunehmend auf die Bierproduktion aus. So sind zwei der Kernbestandteile des beliebten Getränks - Braugerste und Hopfen - anfällig für Hitze, was zu Anpassungsbedarf für Landwirte und Brauereien führt. Diese rüsten sich vor allem mit dem Umstieg auf hitzeresistente Pflanzen wie Wintergerste sowie dem Bezug von regionalen Agrarprodukten. Größere Auswirkungen auf die Bierpreise dürfte der Klimawandel nicht haben.

Gerste und Hopfen

Besonders sichtbar sind die Klimaeffekte bei der Sommergerste, die mit für Österreich ungewohnt warmen Temperaturen zu kämpfen hat. Ihr fehlt es schlicht an den biologischen Eigenschaften, sich gegen die Veränderungen zu behaupten. Denn die Pflanze bildet bei Dürre kleinere Körner aus, was sie für Brauzwecke unbrauchbar macht. 

Die Folge: In den vergangenen Jahrzehnten ist die Anbaufläche für Sommergerste hierzulande massiv geschrumpft, jene für Wintergerste zuletzt gestiegen. Zudem hat die Witterung, die auch in Österreich immer extreme Formen annimmt, Einfluss auf Qualität und Menge. "Da sind Schwankungen von 20 bis 30 Prozent pro Jahr durchaus möglich", erklärt Agrarökonom Franz Sinabell vom Wifo im Gespräch mit der APA.

Beim Hopfen sind die Folgen ähnlich. Auch dieser für das Bier essenziellen Pflanze setzt die Hitze zu. Dessen Anbaugebiete könnten sich daher künftig nach Norden, aus österreichischer Perspektive etwa nach Polen, Tschechien oder sogar Finnland verschieben, wo das Klima kühler und die Voraussetzungen für den Anbau besser sind, erwartet Sinabell. Außerdem bildet Hopfen laut neuen Studien durch die Hitze tendenziell weniger Alphasäure aus, die für die bittere Geschmacksnote im Bier verantwortlich ist.

Hierzulande wird Hopfen vor allem im Mühlviertel in Oberösterreich angebaut. Florian Berger, Geschäftsführer des Verbandes der Brauereien Österreichs, sieht den Anbau dort aber nicht unmittelbar gefährdet. Er verwies dabei auf die Züchtung neuer Sorten, die die Pflanzen hitzeresistenter machen. "Die Hopfenbauergenossenschaft im Mühlviertel ist in Sachen Forschung und Entwicklung gut vernetzt", so Berger zur APA. 

Auch in Bezug auf den bitteren Geschmack gibt er Entwarnung: "Es ist die Kunst der Braumeister, darauf zu achten, dass Bier zu jeder Jahreszeit gleich schmeckt." Durch den Einsatz und die Kombination verschiedener Sorten ließen sich mögliche Schwankungen ausgleichen - das sei immer schon eine zentrale Aufgabe der Brauereien gewesen.

Dass die Forschung an klimafitten Züchtungen Früchte trägt, bestätigt die heimische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Die Entwicklung von neuen Braugerste- und anderen Pflanzensorten sei zwar ein langwieriger Prozess - bis eine neue Sorte entwickelt ist, dauert es rund zehn Jahre - jährlich werde aber neues Saatgut für die amtliche Prüfung angemeldet. Solche Projekte werden hierzulande auch vom Landwirtschaftsministerium gefördert. Hopfen wiederum sei nicht in der Saatgutverordnung geregelt, "weswegen hier keine amtlichen Zulassungen und Wertprüfungen von AGES-Seite aus erfolgen", verlautet auf APA-Anfrage aus der Agentur.

Trend: Wintergerste

Die Brauereien selbst begegnen den Veränderungen auf verschiedenen Ebenen: Zunächst setzen diese immer mehr auf Wintergerste als Ersatz für die schwindende Sommergerste. Beim Marktführer Brau Union etwa wurde der Einsatz von Wintergerste in der jüngeren Vergangenheit erhöht, um das Ernterisiko zu reduzieren, hieß es gegenüber der APA. Bei der Salzburger Stiegl Brauerei wiederum setzt man Eigenangaben zufolge bereits seit einigen Jahren großteils auf Gerste, die überwiegend im Herbst angebaut wird.

Zum anderen versuchen viele Brauereien, sich über längerfristige Abnahmeverträge möglichst mit regional produzierter Gerste und Hopfen einzudecken. Damit sichere man Qualität und schone durch kürzere Transportwege auch die Umwelt, so der Tenor unter Bierproduzenten. "So nahe wie möglich einkaufen, dort, wo es geht", formuliert es Berger. Kooperiert wird dazu mit Erzeugergemeinschaften oder verstärkt mit regionalen Landwirtschaftsbetrieben. Die Kärntner Privatbrauerei Hirt etwa arbeitet eng mit etwas mehr als einem Dutzend lokalen Bauern zusammen, um ihren Bedarf an Gerste zu decken. 

Grosso modo gelingt den Brauereien das zwar nur bedingt - eine vollständige Versorgung mit heimischem Anbau ist kaum möglich - aber weder Berger noch Sinabell rechnen künftig mit einer größeren Importabhängigkeit oder einer dauerhaften, gravierenden Reduktion der Erntemengen durch den Klimawandel.

Gesellschaftlicher Wandel

Generell gewinnt das Thema umweltfreundliche Produktion für die Brauereien an Bedeutung, zumal sich ein gesellschaftlicher Wandel vollzieht und damit die Erwartungshaltung der Konsumentinnen und Konsumenten steigt, so Sinabell. Das treffe vor allem zu, wenn das Bier mit Regionalität oder Nachhaltigkeit beworben werde, wie dies mittlerweile öfter geschehe. Seitens der Produzenten gibt es aus diesem Grund auch das Bestreben, sich unabhängiger von fossilen Energieträgern zu machen. 

"Praktisch alle Brauereien sehen im Rahmen ihrer Möglichkeit zu, dass sie Erneuerbare - etwa via Solarpanels oder Biomasse - ausbauen", hält Berger fest. Ähnliches gelte für die für die Produktion notwendigen Koch- und Reinigungsprozesse, "auch wenn ein vollständiger Verzicht auf Erdgas bei den gängigen Energiespitzen derzeit noch nicht möglich ist".

Die gute Nachricht für Bierliebhaber: Nennenswerte Preisaufschläge sind durch die Folgen des Klimawandels nicht absehbar. "Die agrarischen Rohstoffe spielen in der Kalkulation des Biers eine so geringe Rolle, dass ich ausschließen würde, dass Bier deshalb teurer wird", sagt der Agrarökonom. Das sei selbst dann der Fall, wenn es zu kräftigeren Preisschwankungen an den Agrarrohstoffmärkten kommen sollte. 

Wesentlich wichtigere Faktoren für die Preisbildung seien nämlich die Bereiche Marketing sowie Logistik. Blickt man auf die Kostenseite, plagen die Brauereien auf absehbare Zeit mehr die gestiegenen Lohnkosten sowie die hohen Energiepreise, ergänzte Berger.