Chronik/Welt

Auch Eltern von Amokschützen haften für ihre Kinder

Ein seltener Fall von Eltern-haften-für-ihre-Kinder bewegt die USA und wirft ein Schlaglicht auf die nicht enden wollende Seuche der Schusswaffen-Gewalt. I

n der Nähe von Detroit wurden am Samstag die wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung gesuchten James und Jennifer Crumbley festgenommen. Ihr 15-jähriger Sohn Ethan hatte am Dienstag in seiner Schule in Oxford/Michigan vier Mitschüler (14 bis 17 Jahre alt) erschossen, sechs weitere und eine Lehrerin verletzt. Nach Überzeugung von Staatsanwältin Karen McDonald haben die Eltern die in diesem Jahr bislang folgenschwerste Schul-Schießerei in den USA maßgeblich begünstigt.

Pistole war ein Geschenk des Vaters

Der Vater hatte die Tatwaffe (9mm Sig Sauer) vier Tage vor der Bluttat gemeinsam mit seinem Sohn gekauft; es sollte ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk sein. Ethan Crumbley nahm die Pistole aus einer nicht gesicherten Schublade im elterlichen Schlafzimmer und transportierte sie in einem Rucksack in die Schule.

Zuvor hatten Lehrer den Teenager dabei ertappt, als er im Unterricht auf seinem Smartphone nach Munition suchte. Die Schulleitung alarmierte die Mutter. Jennifer Crumbley tat den Vorgang ab: „Ich bin nicht böse auf dich. Du musst lernen, dich nicht erwischen zu lassen”, textete sie ihm per SMS.

Am Morgen der Tragödie wurde der dunkelhaarige Junge samt Eltern offiziell in die Schule zitiert. Auf seinem Pult fand man eine Zeichnung mit dem Satz: „Die Gedanken hören nicht auf. Helft mir.” Daneben war ein Bild von einer Pistole zu sehen. Ethan Crumbley hatte dazu eine Patrone und eine Leiche gezeichnet; verbunden mit Aussagen wie „Mein Leben ist nutzlos”, „Die Welt ist tot” und „Blut überall”.

Trotz der alarmierenden Signale, so McDonald, weigerten sich die Crumbleys ihren Sohn aus dem Unterricht zu nehmen; er wurde aber auch nicht vom Rektor suspendiert. Warum, ist unklar. Kurz Zeit später klaubte der Bursche auf der Schultoilette die Pistole aus seinem Rucksack und drückte fast 30 Mal ab.

"Ungeheuerlich", was Eltern alles ignorierten

Die Tat, für die noch kein Motiv bekannt ist, hatte er am Abend zuvor in einem Handy-Video angekündigt, wie die Polizei mitteilte. Dass die Eltern trotz unübersehbarer Warnzeichen untätig blieben und ihrem Sohn den Zugang zu einer Waffe ermöglichten, ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft „ungeheuerlich” und „kriminell”. Ethan Crumbley, angeklagt unter anderem wegen vierfachen Mordes und Terrorismus, wird nach Erwachsenenstrafrecht abgeurteilt. Im Falle einer Verurteilung droht ihm Gefängnis bis ans Lebensende.

Seine Eltern dürfen mit glimpflicheren Strafen rechnen. Ihre Anwälte plädieren auf "nicht schuldig".