Chronik

Diese Brücke hat den Swing mit Kick

Schon beim ersten Schritt auf die "Highline179" beginnt der Untergrund zu schwanken. Ein paar Arbeiter, die auf der anderen Seite der 406 Meter langen Fußgängerhängebrücke laufen, haben den Stahlkoloss in Schwingung versetzt. "Ein bis zwei Personen schaffen es, die 80 Tonnen in Bewegung zu bringen. Wir wollten das, um einen Blick mit Kick zu schaffen", erklärt Martin Kathrein grinsend.

Als technischer Bereichsleiter der Strabag war der Bauingenieur hauptverantwortlich für den Bau dieses Ungetüms, dass die neue Attraktion vom Tiroler Ort Reutte werden soll. Der 35-Jährige hat dem KURIER sein Baby einen Tag vor der Eröffnung am heutigen Samstag präsentiert. Vor zwei Jahren hat er sich auf die Suche nach einem Investor gemacht und ihn gefunden. Der machte gemeinsam mit drei Partnern zwei Millionen Euro locker. Zahlende Besucher sollen daraus ein Geschäft werden lassen.

Kathrein rechnet mit 300.000 Gästen jährlich. Ob alle von ihnen nach dem Ticketkauf (8 Euro für Erwachsenen) den Weg von der Burgruine Ehrenberg auf der einen zum Fort Claudia auf der anderen Seite schaffen, steht auf einem anderen Blatt. "Das traut sich nicht jeder", weiß der Projektleiter nach den ersten Erfahrungen.

Längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt:

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Guinnessbuch prüft

An einem Punkt schwebt die Brücke 114 Meter über dem Abgrund. Der Boden besteht aus Gittern und lässt tief blicken. Unten im Tal rauscht der Verkehr über die B179, die Namensgeberin der Brücke. Ob diese die längste ihrer Art weltweit ist, wird gerade vom Guinnessbuch der Rekorde geprüft. Die Konkurrenz steht in Russland, China und Malaysia.

Dass sich die "Highline179" dem Wettkampf stellen kann, ist gewissermaßen Kathreins Frau zu verdanken, wie er erzählt: "Ich bin im Aufsichtsrat des Tourismusverbands. Wir waren auf der Suche nach einem Alleinstellungsmerkmal für Reutte. Als ich meiner Frau von der Idee mit der Brücke erzählt habe, hat sie gemeint: Wenn, müsst ihr die längste der Welt bauen." Gemessen wird Luftlinie vom Auflagepunkt der vier tragenden Seile auf der einen Talseite bis zum selben Punkt auf der anderen Seite. Bislang liegt der Rekord für die längste Seilhängebrücke der Welt bei 390 Metern.

Am Freitag liefen beim Tiroler Herausforderer noch die letzten Feinschliffarbeiten. Nur sieben Monate hat man sich vom Spatenstich bis zur heutigen Eröffnung um 15 Uhr Zeit gegeben. Damit der Termin eingehalten werden konnte, hat zuletzt auch Kathrein Hand angelegt und in schwindelerregender Höhe Bodengitter verlegt. Stück für Stück hat man sich so über das Tal gearbeitet. "Als ich das erste Mal den Fuß auf die andere Seite gesetzt habe, war das sehr bewegend", erinnert sich der Außerferner.

Medieninteresse

Die Leistung der Brückenbauer ist nicht unbemerkt geblieben. Das ProSieben-Wissenschaftsmagazin Galileo wird berichten. Der National Geographic hat sich angesagt. "Und sogar das japanische Nationalfernsehen wird kommen", weiß der Bauingenieur, dessen ganzer Stolz ab heute 365 Tage im Jahr (8 bis 22 Uhr) geöffnet sein soll. Geschlossen wird nur, wenn der Wind mit über 60 km/h weht oder der Besucheransturm zu groß ist. Maximal 500 Personen dürfen gleichzeitig auf die Brücke.