Rüsten vor nächstem Unwetter, aber "100-prozentigen Schutz wird es nie geben"
Ein fünfjähriger Bub, der in St. Marein bei Graz von einer Mure verschüttet und getötet wurde. Vom Unwetter überraschte Menschen, die sich in Deutschfeistritz (Bezirk Graz-Umgebung) auf Autodächer retteten, weil der Übelbach über die Ufer trat und den Ortskern binnen kürzester Zeit flutete: Die Bilder eines der schwersten Unwetter in der Geschichte der Steiermark sind auch rund zwei Wochen danach noch präsent.
Ausgelöst von zwei mächtigen Gewitterzellen fiel so viel Regen, dass in manchen Orten ein sogenanntes 300-jährliches Hochwasser registriert wurde: Die Bäche führten so viel Wasser, wie es nur alle 300 Jahre vorkommt.
Eine der davon betroffenen Gemeinden war Deutschfeistritz. "Aber möglicherweise stehen wir erst am Beginn der Hochwassersaison", warnt Johann Wiedner, Wasserwirtschaftsexperte in der steirischen Landesregierung.
Aus dem Grund stellt die Landesregierung 20 Millionen Euro zusätzlich für Investitionen in den Hochwasserschutz bereit, im laufenden Budget sind dafür 55 Millionen Euro veranschlagt. Gedacht ist das Geld für die besonders stark in Mitleidenschaft gezogenen Regionen rund um Graz sowie im Osten des Bundeslandes, es soll in den (Aus)Bau von Rückhaltebecken fließen.
Zahlt der Bund mehr?
Landesrätin Simone Schmiedtbauer (ÖVP) nimmt hier aber auch den Bund in die Pflicht: Durch eine Änderung des Katastrophenfondsgesetzes wäre es möglich, dass der Bund sämtliche Kosten für diese Sicherheitsbauten übernimmt. Derzeit teilen sie sich Bund und Land zu je 40 Prozent, die restlichen 20 Prozent müssen die Gemeinden selbst aufbringen.
Neu wäre das nicht, so eine Regelung gab es bereits 2018 für die oststeirische Gemeinde Gasen, die binnen zwei Jahren von vier Hochwasserkatastrophen getroffen wurde. Die für Schutzbauten nötigen 14 Millionen Euro wären im Gemeindebudget nicht stemmbar gewesen.
Die Becken haben gehalten
200 Rückhaltebecken gibt es in der Steiermark, ein Viertel von ihnen war durch das Unwetter vor zwei Wochen völlig oder zumindest teilweise voll, sie haben also gehalten: Ohne sie wären geschätzte weitere 1,6 Millionen Kubikmeter Wasser geflossen, was einen Schaden an Infrastruktur oder Natur von mindestens 20 Millionen Euro verursacht hätte.
Pläne reichen bis 2004 zurück
In den vergangenen 20 Jahren wurde rund eine Milliarde Euro in Rückhaltebecken investiert, die dafür sorgen, dass sich Wasser an bestimmten Stellen sammeln kann. In Deutschfeistritz gibt es noch keines, obwohl die Pläne dafür bis 2004 zurück reichen.
Dieses Ereignis war speziell. Die Maßnahmen, die wir schon geplant haben, hätten da gar nicht so sehr geholfen.
Allerdings vermuten Experten, dass es ohnedies nicht gereicht hätte, die alten Pläne waren nur auf ein 30-jährliches Hochwasser ausgelegt, geworden ist es dann ein 300-jährliches. "Dieses Ereignis war speziell", überlegt Bürgermeister Michael Viertler (ÖVP). "Die Maßnahmen, die wir schon geplant haben, hätten da gar nicht so sehr geholfen."
Was in Deutschfeistritz passierte
Die Pläne werden nun überdacht, betont Viertler. "Aber 100-prozentigen Schutz wird es nie geben." Im Fall von Deutschfeistritz traf Starkregen mit Hangrutschungen zusammen. "Da war fast keine versiegelte Fläche", beschreibt der Ortschef.
Künftig müsse noch mehr darauf geachtet werden, wo neue Gebäude errichtet werden, mahnt Umweltlandesrätin Ursula Lackner (SPÖ). "Angesichts des Klimawandels müssen wir noch genauer hinschauen und auch die Menschen sensibler machen. Das Land steht den Gemeinden mit einer angezurrten Raumordnung zur Seite, um Bodenverbrauch und Versiegelung begegnen zu können."