Schnabl: "Niederösterreich braucht einen Demokratieschub"
Von Maria Kern
Magna-Manager Franz Schnabl (58) wurde heute von den Gremien der niederöstereichischen SPÖ zum neuen Frontmann und Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2018 gekürt. Der KURIER sprach mit dem ehemaligen Spitzenpolizisten über dessen politische Ziele, über sein Verhältnis zu ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und seine Ablöse unter Innenminister Ernst Strasser.
KURIER: Herr Schnabl, Sie geben einen Top-Managerjob auf, um SPÖ-NÖ-Chef zu werden. Warum?
Franz Schnabl: Ich habe mich immer neben meinem Beruf engagiert – in der sozialistischen Jugend, in der jungen Generation, beim Samariterbund. Außerdem hat mich ein Essay ("Empört Euch!") von Stéphane Hessel (ehemaliger französischer Widerstandskämpfer und UN-Diplomat) inspiriert, den ich von meiner Tochter geschenkt bekommen habe. Wer etwas verbessern will, muss auch bereit sein, Verantwortung zu übernehmen.
Haben Sie ein Rückkehrrecht zu Magna?
Nein.
Die ÖVP sagt, ein Burgenländer in Niederösterreich – das geht gar nicht. Was sagen Sie dazu?
Ich bin ein waschechter Niederösterreicher. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich habe 15 Jahre hier gearbeitet. Alle meine Verwandten, viele Freunde wohnen hier. Ich habe ab sofort auch meinen Hauptwohnsitz in St. Pölten. Ich habe eine Wohnung gemietet. Ich werde aber mein Haus im Burgenland nicht aufgeben, meine Frau arbeitet als Betriebsrätin im Krankenhaus Eisenstadt.
Die ÖVP sagt auch, Sie seien ein Stronach-Mann.
Die ÖVP versucht das als Kritik darzustellen, aber Stronach ist ein verdienstvoller Mann, der ein Unternehmen mit 160.000 Mitarbeitern geschaffen hat, das auch in Österreich mehr als 13.000 Menschen Arbeit gibt. Ich schätze Stronach. Auch nachdem er sein politisches Engagement begonnen hatte, haben wir uns weiter ausgetauscht. Er hat gesagt: "Du bist Sozialdemokrat, ich respektiere das."
Die SPÖ hat keine Chance 2018 Erste zu werden. Ihr Ziel?
Das Minimalziel lautet: Die absolute Mehrheit der ÖVP muss gebrochen werden und wir müssen deutlich stärker werden. Man muss aber auch sagen, dass der Unterschied zwischen SPÖ und ÖVP – bereinigt um den Umstand des Vorzugsstimmen-Wahlrechts – nicht so groß ist (nur in NÖ schlägt der Name die Partei. D.h. wird SPÖ angekreuzt, aber die Vorzugsstimme z.B. Mikl gegeben, zählt die Stimme für die ÖVP). Bei Bundeswahlen betrug der Unterschied nur an die drei Prozent, bis 2002 waren wir vorne. Ich gehe also schon in die Wahl, um bestimmende Kraft zu werden.
Sind Sie dafür, dass das NÖ-Wahlrecht geändert wird?
Derzeit geht das aufgrund der absoluten Mehrheit der ÖVP nicht. Wir wollen als SPÖ aber grundsätzlich erreichen, dass Niederösterreich ein Musterland wird, was Demokratie und Transparenz betrifft. Wir werden auch beim Landesparteitag im Juni ein Demokratiepaket vorstellen. Niederösterreich braucht einen Demokratie-Schub.
Wollen Sie mit der ÖVP kooperieren, wenn deren absolute Mehrheit fällt?
Ich bekenne mich zur Usance, dass die stärkste Kraft den Auftrag bekommt, eine Regierung zu bilden. Wenn das nicht funktioniert, muss man andere Konstellationen diskutieren.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Landeschefin Johanna Mikl-Leitner?
Ich habe sie in meiner Rolle als Samariterbund-Präsident zwei Mal gesehen. Ich habe aber diese Woche schon mit ihr telefoniert, wir haben ein längeres Vier-Augen-Gespräch vereinbart.
Ex-Innenminister Strasser hat Sie 2002 als Wiener Sicherheitswache-Chef abgesetzt. Sie hatten 2000 ihre Tochter bei einer Demo gegen Schwarz-Blau abgeholt. Ein bewusstes Zeichen?
Ich habe tatsächlich meine Tochter abgeholt, wollte aber auch zeigen, dass ich stolz bin, dass sie sich engagiert. Damals fragten sich viele: Was kommt da auf uns zu? Werden wir mundtot gemacht? Demonstrationsfreiheit ist ein Recht. Das heißt nicht, dass alle Demos gut sind. Zur Ablöse: Im Zuge der Polizeireform wurden viele abberufen und konnten sich neu beworben. Ich habe das getan und wurde von der Kommission an erster Stelle gereiht. Minister Strasser hat einen, der nicht unter den Top 3 war, bestellt. Das war sein gutes oder schlechtes Recht. Ich habe bei Gericht erstritten, dass die Neuausschreibung zu Unrecht erfolgte. Das heißt aber nicht, dass Du deinen Posten wieder bekommst, sondern nur, dass Du entlohnt wirst wie bisher. Ich wollte aber kein weißer Elefant sein.
Gab es Genugtuung als Sie von Strassers Verurteilung hörten?
Es gab vielleicht ein stilles In-mich-Hineinlächeln, aber keine Rachegelüste. Ich habe durch den Wechsel in die Privatwirtschaft viel gelernt. Das war gut für mich.
Stand Strasser für das System der ÖVP-Niederösterreich?
Wenn man sich eine kürzliche Rede des Herrn Klubobmann Schneeberger (ÖVP) anhört, wie er verhohlene Drohungen und Tadel gegenüber anderen Klubobleuten ausgesprochen hat, spricht das für sich. Dieser Politik-Stil ist nicht mehr zeitgemäß. Die Menschen wollen das nicht, ich möchte das nicht. Wir werden das der ÖVP vorleben. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich der Stil mit der neuen Landeshauptfrau ändert.
Franz Schnabl: Ex-Polizei-General, Magna-Mann und Samariter
Herkunft Der Sohn einer Arbeiterfamilie wurde in Neunkirchen geboren (14.12.1958) und wuchs in Raach/ Hochgebirge auf. Er hat einen Sohn, eine Tochter und einen Enkel. Seine Frau ist diplomierte Krankenpflegerin. Die Familie wohnt im Bezirk Eisenstadt.
Polizei-Karriere 1977 ging Schnabl zur Wiener Polizei. Dort stieg er bis zum Generalinspektor der Sicherheitswache (Chef der uniformierten Polizei) auf. Unter ÖVP-Innenminister Ernst Strasser verlor er diesen Posten. Schnabl wechselte daraufhin zu Magna.
Magna-Zeit & rotes Ehrenamt Zunächst war der Ex-Polizist Sicherheitschef bei Magna International Europe, später stieg er zum Personalvorstand (Vice President Human Resources) auf. Der SPÖ-Mann ist auch (ehrenamtlicher) Präsident des Samariterbundes.