Chronik/Österreich

Zorn der Wirte entlud sich in Marsch

Keine Trillerpfeifen, keine Parolen, kein Aktionismus. Wer den Ärger der Demonstranten, die am Donnerstag schnellen Schrittes durch die Innsbrucker Innenstadt zogen, verstehen wollte, musste schon ihre Schilder lesen. Und wurde selbst dann nicht immer ganz schlau, was die Protestierenden genau umtreibt. "Keine einseitige Belastung", war da etwa zu lesen oder "Schwarze Politik" heiße "den Mittelstand abmurksen". Die Wirtschaftskammer und die Österreichische Hoteliersvereinigung (ÖHV) hatten zum Protestmarsch gegen die Belastungen für die Branche durch die Steuerreform gerufen. Laut Polizei waren rund 2000 Teilnehmer gekommen.

Schicke Demo

"Die sind alle so schick angezogen", wunderte sich Passantin Claudia Hauser über demonstrierende Anzugträger. Und hatte aber Verständnis dafür, dass sich die Hoteliers über die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer für Nächtigungen von zehn auf dreizehn Prozent ärgern. "Warum sollen die bestraft werden. Im Westen Österreichs ist sowieso schon alles viel teurer", meint die Innsbruckerin.

Genau in diesem Teil des Landes spielt der Tourismus die wichtigste Rolle, weshalb die Sparten-Obmänner aus Vorarlberg, Tirol und Salzburg nun als "Westachse" auftreten. "Unsere Forderungen sind hauptsächlich nach Wien gerichtet", versicherte der Tiroler Branchenvertreter Harald Ultsch, bevor er und seine Kollegen vom Landhausplatz losmarschierten.

Dass das nicht alle Touristiker so sehen, musste Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zur Kenntnis nehmen, als er zur Abschlusskundgebung im Innsbrucker Congress kam. Sein Auftritt wurde von Buhrufen und Pfiffen begleitet. "Dieser Protest lässt niemanden kalt, auch keinen Politiker", versuchte Platter die Hoteliers auf seine Seite bringen. Doch unter ihnen waren auch zahlreiche Vertreter aus jenen Regionen, die dem ÖVP-Chef noch wegen seiner Absage des umstrittenen Lifts über die geschützten Kalkkögel zürnen.

Bei den aus anderen Bundesländern angereisten Teilnehmern der Kundgebung sah die Stimmungslage anders aus. "Wir sind vom Bundesobmann Mitterlehner genauso enttäuscht, wie von Wirtschaftskammerpräsident Leitl. Die sind nicht mehr an der Basis", meinte Bruno Baitz aus dem Pinzgau, der mit Hotelierskollegen angereist war. Sie waren auch schon bei dem Wirteprotest am Wiener Ballhausplatz vor drei Wochen dabei. Sie seien schlechte Demonstranten. "Aber wenn nicht irgendwer aufsteht, wird es nie besser", meint Baitz.

Gegen eigene Leute

Der Unmut richtet sich vor allem gegen die ÖVP, die viele Touristiker als ihre politische Heimat betrachten. "Wenn wir gegen die eigenen Leute losgehen, werden sie nachdenken", war die Tiroler Hotelierlegende Adi Werner vom Hospiz in St. Christoph am Arlberg überzeugt.

Mit einer Resolution im Gepäck wurde Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) gestern nach Wien geschickt. Die Tourismus-Spartenobmänner aller Bundesländer fordern darin unter anderem eine Rücknahme der „einseitigen Mehrwertsteuererhöhung“. Die ermäßigte Mehrwertsteuer soll, wie berichtet, für Nächtigungen von zehn auf dreizehn Prozent erhöht werden.

Die Touristiker sehen darin eine Benachteiligung ihrer Branche und können sich stattdessen vorstellen, dass die 10-Prozent Mehrwertsteuer für alle auf 11 Prozent angehoben wird. Benachteiligt sehen sich die Hoteliers etwa auch bei der geplanten Änderung der Grunderwerbsteuer, die Betriebsnachfolgen erschweren würde. Sie fordern, mit den Bauern gleichgestellt zu werden, für die es eine Ausnahme gäbe.
Im Fokus der Kritik stehen Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Finanzminister Hansjörg Schelling (ÖVP). „Die beiden haben wohl noch nie so viele Tourismusgespräche in ihrer Karriere geführt, wie jetzt“, meinte Vorarlbergs Spartenobmann Hans-Peter Metzler. Er und seine Kollegen sind sich einig, dass beide Politiker die Situation unterschätzt haben. Platter versprach am Donnerstag, gemeinsam mit den Landeshauptleuten Markus Wallner (Vorarlberg) und Wilfried Haslauer (Salzburg) in Wien nachzuverhandeln.