Wiener Polizei hob Fälscher-Werkstatt aus
Von Nihad Amara
Wie fälscht man einen Reisepass? So könnte der Titel jenes Videos lauten, das Wiener Kriminalisten kürzlich sicherstellten. Zu sehen sind nur zwei Hände, die vorexerzieren, wie das Reisedokument leicht zu fälschen ist. Es wurde von einem Profi-Fälscher gemacht – als Anleitung für Betrüger.
Dieser Fund ist nur das Tüpfelchen auf dem „i“, das zeigt, wie professionell die nun ausgehobene, mutmaßliche Fälscher- und Internetbetrüger-Bande operiert hat. Der Fall unterstreicht auch, was sich schon längst in der Statistik niedergeschlagen hat: Die Internetkriminalität nimmt rasant zu. Heuer wurden im ersten Halbjahr 6413 Delikte angezeigt. Das ist ein Anstieg von 63,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Drei Faktoren schaffen dafür den Nährboden: Der boomende Online-Handel, immer professionellere Tätergruppen und ein fahrlässiger Umgang der Konsumenten mit Informationen. Mario Hejl, Sprecher des Bundeskriminalamtes, warnt vor der Weihnachtszeit vor einem „sorglosen Umgang mit Daten“ beim Online-Kauf. Schnäppchenjägern rät er zur Vorsicht: „Niemand hat etwas zu verschenken.“
In Österreich, erklärte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Montag auf einer Pressekonferenz, seien damit 367 Straftaten mit einer Schadenssumme von 370.000 Euro auf einen Schlag geklärt worden. Weltweit gingen geschätzte 2,47 Millionen Euro auf das Konto der Gruppe.
Fälscherwerkstatt
Damit konnten sie rekonstruieren, wie die Bande ihre Geschäfte aufgezogen hatte. Über manipulierte Geldautomaten, gefälschte eMails und Fake-Internetseiten gelangten sie zu Daten, die sie dann auf Blanko-Kreditkarten abspeicherten. „Läufer“, also in der Hierarchie niedrig gestellte Mitglieder, gingen damit europaweit auf Einkaufstour oder behoben Geld im Ausland – von den Philippinen bis nach Costa Rica und Panama.
So schützen Sie sich vor Internet-Betrug
Fast 45.000 Euro Schaden und ein gebrochenes Herz – das ist das Ergebnis eines Internet-Betrugs, auf den eine oberösterreichische Pensionistin hereingefallen ist. Die 60-Jährige aus dem Bezirk Urfahr-Umgebung lernte Ende Mai einen vermeintlich netten Mann auf einer Singleplattform kennen. Es folgten zahlreiche SMS und E-Mails. Obendrauf schien der Internet-Flirt eine gute Partie zu sein: Der Mann aus Ghana würde ihr 250.000 Dollar bezahlen, wenn sie ihm kurzfristig mit kleineren Beträgen aushelfen könnte. Nachdem sie ihm insgesamt 44.662 Euro überwiesen hatte, hörte sie nichts mehr von ihm.
Love Scam
Die Betrugsmasche mit einsamen Frauenherzen ist in Afrika zurzeit sehr beliebt. Die organisierten Banden verwenden Fotos attraktiver Männer, erstellen Profile in sozialen Netzwerken und Singlebörsen. Alles wird bis ins letzte Detail geplant. So „betreuen“ die Love Scammer oft zeitgleich mehrere Frauen weltweit über viele Monate hinweg. Laut einer Studie der Website „singlebörsen-vergleich.at“ beläuft sich der Schaden in Österreich auf eine Million Euro jährlich.
Sonja Schwarz, Betrugsexpertin von „Internet Ombudsmann“, schätzt die Dunkelziffer sogar noch höher: „Laut Polizeistatistik sind Scam-Betrügereien um 120 Prozent gestiegen.“ Rechtlich gegen die organisierten Banden vorzugehen, ist aber äußerst schwierig. „Diese Männer operieren in Ländern, in denen es von Österreichs aus fast unmöglich ist, strafrechtlich vorzugehen.“ Der Tipp der Expertin: „Niemals Geld überweisen, egal wie charmant und echt der Internet-Flirt zu sein scheint.“