Chronik/Österreich

Wie der KURIER in der Früh vor der Haustür landet

Wie der Kaffee ist die Zeitung in der Früh für viele eine Selbstverständlichkeit. Doch die wenigsten machen sich Gedanken, wie diese vor der Tür landet. Matthias Duchek weiß das genau. Der Wecker des 44-Jährigen läutet seit 14 Jahren täglich um drei Uhr. Dann macht er sich auf den Weg, um 160 Haushalte mit dem morgendlichen Lesestoff zu versorgen.

Pünktlich um viertel fünf wartet er mit seinem Auto in der Muthgasse in Wien-Döbling auf einen Kastenwagen. Der liefert die druckfrischen Tageszeitungen. Mit Duchek warten zehn indische und pakistanische Männer. Mit klapprigen Fahrrädern, deren Körbe sich unter dem Gewicht der Zeitungen biegen. „Als ich mich beworben habe, bekam ich sofort die Zusage“, erinnert sich Duchek. Österreicher mit Auto melden sich selten.

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Nachdem er die schweren Zeitungsbündel verladen hat, wird klar, warum er auf seiner Route ein Auto braucht. Diese führt ihn über steile Straßen in die Döblinger Villengegenden. Nur zu Beginn beliefert er Mehrparteienhäuser. Einen Lift gibt es nicht immer. Das stört Duchek nicht: „Ich war hier in der Grinzinger Straße einmal Stunden in einem Fahrstuhl eingesperrt.“ Da ist es ihm lieber, täglich 500 Stiegen zu steigen – rauf und runter. „Das ist gut für die Kondi.“

Als er in der Dunkelheit die letzten Treppen der Grinzinger Straße hinter sich lässt, gerät selbst er leicht ins Schwitzen. Und das, obwohl „ideale Bedingungen herrschen“. 20 Grad, ein nächtliches Gewitter hat für Abkühlung gesorgt. In den engen Gassen ist es ruhig.

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Der 44-Jährige genießt die Stille, da könne er nachdenken. Worüber? Über seinen Hauptjob im Außendienst einer Telekommunikationsfirma, bei der er Vollzeit arbeitet. Oder das Haus mit Garten und die Familie, für die er diese langen Arbeitstage gerne in Kauf nimmt.

„Unter Zeitungsausträgern ist es nicht selten, einen Zweitjob zu haben“, erzählt er. Der Zuverdienst sei besser, als angenommen. Tatsache ist aber, dass viele seiner Kollegen diesem Beruf aus Mangel an Alternativen nachgehen. Sie sind oft Asylwerber, die sich als Selbstständige etwas dazuverdienen.

Eis zum Frühstück

Duchek kann die Lust am Zeitungsaustragen nur eines verderben: Regen. Besonders, wenn sich Abonnenten über nasse Zeitungen beklagen. „Wir bekommen schon Beschwerden wegen geknickter Seiten“, schildert er die hohen Ansprüche. Es gebe aber auch sehr nette Begegnungen. Während der heißen Sommertage hätte ihm etwa eine Frau Eis gebracht.

Dass Duchek Kunden persönlich trifft, ist selten. Zu seinen Dienstzeiten ist nicht viel los. Immer wieder finde er dafür offen stehende Haustüren. Oder Schlüssel, die die Bewohner versehentlich außen stecken gelassen haben – und wahrscheinlich schon suchen.

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Duchek weiß dafür ganz genau, wo er die richtige Zeitung für seine Kunden findet. Automatisch wandert seine Hand nach rechts, wo zwei Zeitungsstapel griffbereit liegen. Wer welche Zeitung liest, hat er längst verinnerlicht.

Fast gleichzeitig schwingt die Fahrertür auf. Vorbei an der flackernden Laterne verschwindet der Zeitungszusteller in der Dämmerung. Nur das sanfte Quietschen seiner Sportschuhe ist noch zu hören. Knapp eine Minute später ist er wieder zurück. Das wiederholt Duchek bis sechs Uhr mehrfach. Dann müssen alle Zeitungen zugestellt sein.

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Eine seiner letzten Stopps ist unweit der Kahlenberger Straße. Über Wien geht gerade die Sonne auf, Duchek überblickt die ganze Stadt. In den Villen brennt bereits vereinzelt Licht. Für Duchek ein Zeichen, fertig zu werden. Er schiebt die letzte Zeitung durch den Briefschlitz und fährt nach Hause. Dort erwartet ihn sein Frühstück samt Kaffee. Und natürlich auch eine Zeitung.