Chronik/Österreich

Von Doskozil siegen lernen

Was ein Wahlsieg alles ändern kann: „Die paar Zwischenrufe aus dem Burgenland gehen im Neusiedler See unter“, musste sich Hans Peter Doskozil 2018 von der oberösterreichischen SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer sagen lassen, nachdem er die Bundespartei kritisiert hatte.

Keine zwei Jahre und eine absolute Mehrheit von Doskozils SPÖ bei der Landtagswahl später, ist Gerstorfer für Wahlkampfhilfe aus dem Burgenland durchaus empfänglich, registriert man bei den Genossen an den Gestaden des Neusiedler Sees nicht ohne Genugtuung. Im Herbst 2021 stehen im Land ob der Enns Landtagswahlen an und die SPÖ kämpft im früheren Kernland gegen einen weiteren Niedergang, zuletzt sackte die Partei auf 18,4 Prozent ab – ungefähr dort sehen Umfragen derzeit auch die Bundes-SPÖ.

Aber nicht nur fußmarode Landesparteien schauen mit Interesse auf das burgenländische Modell. „Der starke Fokus auf soziale Fragen wie Mindestlohn und Pflege“ sei bei Wahlen ganz offensichtlich ein „Erfolgsrezept“, hört man anerkennend aus der Wiener SPÖ, die schon im heurigen Oktober eine Landtagswahl zu schlagen und das Bürgermeisteramt zu verteidigen hat.

Gut möglich, dass der hemdsärmelige Burgenländer „faire Löhne“ und „Anstellung pflegender Angehöriger“ auch bei der einen oder anderen Veranstaltung in den Wiener Flächenbezirken unters Volk bringt.

Bürgermeister Michael Ludwig und Doskozil schätzen einander schon seit Jahren. Ludwig, damals noch Stadtrat, hat Doskozil schon 2017 bei dessen Wahl zum Landesrat im Eisenstädter Landhaus demonstrativ die Ehre erwiesen.

Die 49,9 Prozent bei den Landtagswahlen im heurigen Jänner, mit denen sich Burgenlands SPÖ nicht nur wieder vor die anderen beiden roten Länder Kärnten und Wien gesetzt hat, sondern im Reigen aller Landeshauptleute-Parteien Nummer eins ist, wurden aber auch jenseits der Landesgrenzen aufmerksam registriert.

Die SPD in den deutschen Bundesländern Nordrhein-Westfalen (NRW), Bayern und Brandenburg habe starkes Interesse an Themensetzung und Wahlkampfstrategie der burgenländischen SPÖ bekundet, heißt es aus dem Roten Haus in Eisenstadt: „Unser eigenständiger Weg überzeugt“.

Man sei ob des Interesses im In- und Ausland zwar selbst „überrascht“ gewesen, gibt man unumwunden zu, schließlich sei das Burgenland bei allem Selbstbewusstsein ja nicht der Nabel der Welt. Aber rote Role Models seien in Europa derzeit eben schwer zu finden.

Vielleicht noch vor dem Sommer, aber spätestens im Frühherbst, will Doskozil deshalb mit zwei oder drei Vertrauten für einige Tage zu den deutschen Genossen reisen, um ihnen Ezzes zu geben. Wen genau er trifft, will man in seinem Büro noch nicht preisgeben, weil noch nicht alles unter Dach und Fach sei, aber es werden „natürlich höchstrangige Landespolitiker sein“.

Und natürlich wird Doskozil wieder selbst am Steuer sitzen. Er „mag nicht Beifahrer sein“, sagt ein Mitarbeiter.