Zell am See: Von der Skipiste ins Casino
Am frühen Abend gehören die Hänge im Skigebiet Schmittenhöhe in Zell am See den Pistenraupen. Unten im Tal lassen Urlauber einen langen Skitag mit reichlich Alkohol ausklingen – Après-Ski, wie man es aus vielen Wintersportorten kennt. Eine Gruppe merklich angeheiterter Touristen mit britischem Akzent spaziert am altehrwürdigen Grand Hotel vorbei, einem Wahrzeichen der Bergstadt. Im Nordflügel des Komplexes wurde zum Jahreswechsel die neue Attraktion der Wintersporthochburg eröffnet – ein Casino.
Für den vom typischen Après-Ski kommenden Gast wäre am Eingang Endstation. Casino-Direktor Paul Vogel achtet penibel auf das "gehobene Flair", die Etikette. Offensichtlich Betrunkene würden abgewiesen, zumindest ein Sakko sei für die Herren Pflicht. "Zell am See ist aber ein Touristencasino. Da sind wir schon viel toleranter geworden", versichert Vogel, der zuvor mehr als zweieinhalb Jahre das Casino in Kitzbühel geleitet hat.
Gegen 21.00 Uhr ist das Casino noch spärlich besucht. Rund eine Stunde später ist das Haus dann gut gefüllt. Unter den Gästen finden sich viele Einheimische. Eric etwa ist mit zwei Freunden zum ersten Mal hier. "Super, dass wir jetzt ein Casino haben. Früher mussten wir weit fahren. Eigentlich ist es das Einzige, das in Zell noch gefehlt hat. Das Einzugsgebiet der Stadt ist sehr groß."
Nach der ersten Woche bilanziert Casino-Direktor Vogel zufrieden. "Die Erwartungen in uns waren hoch – wir haben sie zum Glück erfüllt", sagt er. Mehr als 2000 Besucher seien bisher gezählt worden. 50.000 hat sich der 47-Jährige für sein erstes Jahr in Zell am See vorgenommen.
Casino als Wirtschaftsfaktor
Nicht nur die Kugel – auch der Rubel rollt. Das Casino ist für die Region ein Wirtschaftsfaktor. Ein Umsatz im mittleren einstelligen Millionen-Euro-Bereich sei zu erwarten. Rund 60 Angestellte werden beschäftigt, viele davon aus der Gegend. Bei der Innenausstattung seien vor allem heimische Handwerksbetriebe zum Zug gekommen, sagt Vogel. "Mir ist wichtig, dass wir uns perfekt in die Region integrieren." Am Samstag öffnete das Casino für Interessierte seine Pforten. Kommenden Samstag ein weiteres Mal.
Nicht nur für die Region, auch für den Betreiber (Casinos Austria) ist die Neueröffnung etwas Besonderes – die erste seit 24 Jahren. Dafür wurde der Standort Bad Gastein aufgelassen. Im früheren "Monte Carlo der Alpen" war das Casino nur im Winter und im Sommer geöffnet. "Wir wollten eine Ganzjahresöffnung und im Salzburger Land bleiben. Zell am See-Kaprun ist die Region mit den viertmeisten Nächtigungen in Österreich. Darum ist dieser Standort für uns interessant", erklärt Vogel.
Wettbewerbsvorteil
Für den Tourismus in und um Zell am See ist das Casino im Wettbewerb mit anderen Destinationen ein sprichwörtliches Ass im Ärmel. "Natürlich ist das für uns ein großer Joker – eine Aufwertung der Marke und des Images. Als bekannt geworden ist, dass das Casino kommt, haben wir das sofort in alle Markenpräsentationen aufgenommen", sagt Renate Ecker, Geschäftsführerin von Zell am See-Kaprun Tourismus. Partnerbetriebe wollen mit Packages – Übernachtung, Dinner und Casinobesuch – neue Gästegruppen ansprechen.