"Tut weh, Kinder im Gatsch liegen zu sehen"
Von Julia Schrenk
Es war vor eineinhalb Jahren. Fadi Merza (37) war gerade von einer polizeilichen Einvernahme eines Flüchtlings gekommen. Der sechsfache Weltmeister im Thai-Boxen ist gebürtiger Syrer und als Dolmetscher für das Innenministerium tätig. Auch an diesem Tag vor eineinhalb Jahren im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Da kam eine Frau zu Fadi Merza. Sie hatte ihren zweijährigen Sohn auf dem Arm und war auf der Suche nach warmer Kleidung für ihn.
Also fing Merza an, warme Kleidung und Decken zu sammeln. "Ich hab’ dabei meine Bekanntheit auf Facebook genutzt", sagt er. Innerhalb von zwei Wochen hatte er zwei Lkw voll mit Spenden. "Menschen aus ganz Wien sind zu mir in den Box-Club gekommen und haben Sachen vorbeigebracht", sagt Merza. Alle paar Tage hat er das alles nach Traiskirchen gebracht. Mittlerweile hat Merza im Geschäft seiner Frau eine Abgabestelle eingerichtet (17., Ottakringer Straße 90). Aktuell sammelt er Kinderkleidung und Hygieneartikel.
Besseres Leben
Seit zehn Jahren arbeitet er als Dolmetscher für das Innenministerium, in den vergangenen Wochen hatte er besonders viel zu tun – an den Grenzübergängen und in Traiskirchen. "Für mich ist das so ein Kontrast. Jeden Tag in der Früh bevor ich zur Arbeit fahre, gehe ich zu meinem Sohn. Er hat ein schönes, warmes Bett. Dann fahre ich eine halbe Stunde weiter nach Traiskirchen und sehe Mütter, wie sie mit ihren Kindern im Gatsch liegen. Das hat mir echt wehgetan", sagt Merza. Also hat er wieder Spenden gesammelt. Diesmal Zelte, Decken, Schlafsäcke. Manche Schicksale beschäftigen Merza tagelang. Jeden Tag geht er trainieren, um zu verarbeiten, was er in der Arbeit sieht.
Fadi Merza hat viel Zuspruch für sein Engagement bekommen. Aber auch so manchen negativen Kommentar: "Manche Menschen verbreiten Hass. Du verschwendest zu viel Energie, wenn du dich mit diesen Leuten abgibst. Man muss sie einfach ignorieren."