Chronik/Österreich

Tiroler in Staatsaffäre in Nigeria verwickelt

2004 bis 2007 jagte in Nigeria eine Schreckensmeldung die nächste. Serienweise stürzten Flugzeuge ab, allein im Jahr 2007 starben mehr als 500 Menschen. Auch ein Jet mit 68 Schulkindern zerschellte. Die internationale Flugbehörde erwog damals, den gesamten Luftraum über dem afrikanischen Land zu sperren. Deshalb war Eile geboten. Die vier Tower auf den größten Flughäfen in Lagos, Abuja, Kano und Port Harcourt sollten um einen zweistelligen Millionenbetrag mit moderner Technik hochgerüstet werden.

Was danach geschah, entwickelte sich zu einer Staatsaffäre. Ein Konsortium aus 22 Firmen – angeführt vom Tiroler Manager Georg E. – gewann die Ausschreibung um 38 Millionen Euro.

Nigerianische U-Haft

Wenige Monate später landete Georg E. gemeinsam mit Luftfahrts-Minister Babalola Borishade und zwei seiner Mitarbeiter 16 Tage in Untersuchungshaft. Seit mittlerweile fünf Jahren steht der Tiroler nun vor Gericht, ihm und den drei Mitangeklagten wird Betrug vorgeworfen. Alle vier bestreiten das. Sogar eine Verschwörung bis in höchste Kreise ist denkbar. Denn Minister Borishade hätte Premierminister werden sollen – aber die Anklage stellte ihn politisch kalt.

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Über seine Zeit in der U-Haft mit Borishade will Georg E., 67, nicht reden: „Wenn ich das erzähle, muss ich wieder ins Gefängnis. Dabei ist mein einziges Verbrechen die Staatsoper gewesen“, sagt der Manager zum KURIER. Am Sonntag fliegt er zurück nach Nigeria und hofft auf ein baldiges Urteil in dem Monsterprozess. Ihm wird als Viert­angeklagten vorgeworfen, 16.000 Euro verwendet zu haben, um den 38-Millionen-Euro-Auftrag zu ergattern. „Man sieht allein an dieser Summe, dass hier wenig dahinterstecken kann. Für so wenig Schmiergeld würde man doch niemals so ein Projekt kaufen können“, sagt E. „Wir waren der Bestbieter.“

15.000 Euro habe die Firma für einen Besuch einer zwölfköpfigen Delegation aus Nigeria bezahlt, erklärt der Manager. Darin enthalten war auch ein Besuch der „Zauberflöte“. „Mir wird vorgeworfen, dass ich ihnen gezeigt habe, wie schön die Oper ist. Es war eine herrliche Aufführung der ,Zauberflöte‘. Dabei sind 15.000 Euro für Unterbringung, Essen und Flug wirklich nicht teuer“, erklärt Georg E.

1000 Euro für Beamten

Außerdem werde ihm vorgeworfen, dass er 1000 Euro an einen Mitarbeiter der Regierung gezahlt hat. „Darauf bin ich sogar stolz“, sagt der Manager. Denn drei Monate nach Unterzeichnung des Millionenprojekts seien mehrere Regierungsmitarbeiter zur Einschulung in Wien gewesen. „Da bei uns Nationalfeiertag war, wollte ich den Kurs einfach hinten um drei Tage verlängern. Sie haben aber gesagt, dass sie sich das nicht leisten können“, berichtet Georg E. Deshalb habe er in die Tasche gegriffen und ihnen 1000 Euro gegeben, um den Aufenthalt zu finanzieren. „Das sind Sensationen, über die man berichten sollte“, meint der Tiroler.

Anderslautende Zeitungsberichte in lokalen Medien bezeichnet E. als Ente. Die Gegenangebote anderer Investoren seien nicht billiger gewesen. Dahinter würden Konkurrenten stecken, die ihm schaden wollen. „Ich bin noch immer in der Branche tätig. Wir haben Projekte in Nigeria oder Südkorea“, sagt der Manager. Der Prozess sei verzögert worden, um ihn als Mitbieter loszuwerden.

Mancherorts gilt er auch als Feindbild, in Internetforen etwa wird sein Auftreten sogar mit Adolf Hitler verglichen. Ein Eindruck, den er beim KURIER-Interview keinesfalls vermittelte, ganz im Gegenteil.

Der Prozess geht jedenfalls nun ins Finale. Georg E. will nicht einmal sagen, was ihm drohen könnte. „Damit beschäftige ich mich nicht, ich rechne mit einem Freispruch.“ Deshalb steigt er auch am Sonntag ins Flugzeug und fliegt zurück nach Nigeria. Berichte über seine angebliche Flucht nach Wien seien falsch. „Wenn ich nicht nach Nigeria zurückkehre, gilt das als Schuldeingeständnis, und es müssen drei Unschuldige in Haft. Das möchte ich keinesfalls.“