Chronik/Österreich

Tattoomesse: Ein Eierschwammerl für den Opa

Eine abgedunkelte Halle, laute Hardrock- und Heavy-Metal-Musik und an jeder Ecke ein beängstigendes Surren: Die stechenden Nadeln der Tätowierer.

An diesem Wochenende findet die Wildstyle & Tattoo Messe in der Wiener Stadthalle statt. Mit dabei: Der meisttätowierte Mann der Welt, Lucky Diamond Rich. Er lässt sich nur mehr selten auf offiziellen Events blicken. Die Tattoomesse in Wien lässt sich der Neuseeländer aber nicht entgehen.

„Uns verbindet schon seit Jahren eine sehr gute Freundschaft“, erzählt Jochen Auer. Er hat die Tattoomesse 1995 erfunden und leitet sie. Insgesamt zwei Millionen Menschen besuchten in den vergangen 24 Jahren die Messe.

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Lucky Diamond Rich sitzt neben Jochen, er jongliert am Wochenende bei den Shows – die über den ganzen Nachmittag verteilt stattfinden – mit laufenden Kettensägen und schluckt Schwerter. Aber auch für die kleinen Dinge nimmt sich der Neuseeländer Zeit:

Er tätowiert gerade der 30-jährigen Patricia P. einen ungarischen Schriftzug auf den Unterarm. Der soll sie an ihre verstorbene Mutter erinnern. „Es ist eine Ehre, von ihm tätowiert zu werden und vor allem, dass er sich sofort dafür Zeit nimmt“, sagt sie.

Internationale Motive

Patricia ist nicht die Einzige, die sich kurzfristig für eine Tätowierung entscheidet. Michaela S. (57) blättert gerade auf einem der Stände einen Katalog mit Motiven durch: Sie möchte sich heute tätowieren lassen – was , weiß sie noch nicht. Zur Auswahl stehen etwa 150 Tätowierer aus 25 Ländern und allen fünf Kontinenten.

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Anna K. (21) ist mit ihrer neuen Tätowierung schon weiter. Auf ihrem Unterarm sticht Tätowiererin Rosae aus Italien gerade die ersten Züge eines Eierschwammerls in die Haut der 21-Jährigen. „Ich lasse mir das für meinen Opa stechen. Er geht immer Eierschwammerl suchen“, sagt Anna.

Sie hat sich zuvor auf der Internetseite über die Aussteller informiert und Rosae vorab kontaktiert.

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Zeichnen per Tablet

Viele der Besucher mit ernsthaften Absichten haben bereits zuvor ein genaue Vorstellung, wer sie auf der Messe tätowieren soll, denn jeder Tätowierer hat sich auf gewisse Motive spezialisiert.

Andere wiederum kennen die Tätowierer schon von Messen aus vorherigen Jahren und tragen bereits Kunstwerke von ihnen auf der Haut: Vincent L. (23) liegt gerade auf der Liege und lässt sich vom Italiener Simon Sam sein drittes Tattoo stechen. Die beiden kennen sich seit zwei Jahren.

Dieses Mal wird es ein Tierkopf auf der linken Brust. „Eine Bedeutung hat das Tattoo nicht, es gefällt mir einfach“, sagt Vincent.

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Auch Maya A. (29) kennt ihren Tätowierer Jesse schon länger. Er kommt aus den Niederlanden und ist einer der wenigen Tätowierer, die mit moderner Technik arbeiten: Er zeichnet gemeinsam mit dem Kunden die Tattoos am Tablet vor. „Beim Zeichnen auf Papier spürt man immer einen leichten Widerstand, beim Tablet ist das nicht so. Außerdem spare ich dadurch Papier. Das ist gut fürs Klima“, sagt er.

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Im Hintergrund der Halle beginnt gerade das Showprogramm mit Schlangenmenschen und bald wird auch der sogenannte Globe of Speed starten: In einer Stahlkugel mit etwa fünf Metern Durchmesser werden drei Motocrossfahrer ihre Runden drehen.

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Körperkunst in Zahlen

Jeder fünfte Österreicher  ist tätowiert – das belegt eine Studie aus dem Jahre 2016 des Markt- und Meinungsforschungsinstituts IMAS International.  Das sind 22 Prozent der österreichischen Bevölkerung.

Betrachtet man nur die Generation der unter 35-Jähringen tragen bereits knapp zwei Fünftel ein Tattoo am Körper. Im Gegensatz dazu sind nur 3 Prozent der über 60-Jährigen „gepeckt“.

 

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69 Prozent der Österreicher finden, dass Tätowierungen Privatsache sind – jeder solle den eigenen Körper so gestalten dürfen, wie er wolle. 37 Prozent bereuen laut der Studie aus 2016 das ein oder andere Tattoo.

Nur 13 Prozent glauben, dass Tätowierungen der Gesundheit schaden. Ob eine Person tätowiert ist oder nicht, spielt für die Hälfte der Österreicher keine Rolle. Nur 14 Prozent geben an, dass ihnen Personen mit Tätowierung unsympathischer sind.

von Petra Hochstrasser