Staat soll für Wolfsschäden zahlen
Von Gilbert Weisbier
Auch, wenn die Jägerschaft offiziell beteuert, keineswegs scharf auf die Wolfsjagd zu sein: Die Bestandsregelung der – europaweit streng geschützten – Raubtiere gehört zu den wichtigsten Forderungen des Jäger-Dachverbands "Jagd Österreich". Die Plattform, bestehend aus allen neun Landesjägermeistern, hat erst vor wenigen Tagen einstimmig ein Positionspapier zum Wolf beschlossen und drängt die Politik zum Handeln. "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt", betont Dachverbands-Sprecher Ferdinand Gorton, geschäftsführender Landesjägermeister in Kärnten.
Dabei geht es um die Frage, ob, wo und in welchem Umfang Wölfe in einer landwirtschaftlich intensiv geprägten Kulturlandschaft unter Abschätzung der Folgen für Weidewirtschaft und Tourismus Platz haben. Derzeit leben geschätzt knapp 20 Wölfe in Österreich.
"Wolf-Freihaltezonen"
Als Vorbild dient das in einigen Bundesländern betriebene Rotwild-Bewirtschaftungsmodell, das Zonen vorsieht, in denen sich Hirsche aufhalten dürfen, und andere, in denen sie nicht geduldet werden. Die Antworten auf diese Fragen soll eine länder-übergreifende wildökologische Raumplanung geben. Die soll "Wolf-Freihaltezonen" in ganz Österreich sowie die sofortige "Entnahme" verhaltensauffälliger oder erkrankter Tiere ermöglichen. Für nötige Sondergenehmigungen soll sich die Bundesregierung bei der EU einsetzen.
Die Jägerschaft betont in ihrem Positionspapier, dass Wölfe in allen neun Bundesländern ganzjährig geschont sind. Außerdem habe Österreich mit seinem EU-Beitritt die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH) unterschrieben, die dem Wolf umfassenden Schutz mit absolutem Tötungsverbot garantiert.
"Aus diesem Grund muss die öffentliche Hand sämtliche durch Wölfe verursachten Schäden samt Kosten für Prävention wie Herdenschutz-Maßnahmen übernehmen", lautet ein weiterer Wunsch der Waidmänner.
Eigentlich gibt es zum Thema Großraubtiere bereits einen Management-Plan, den die "Länderübergreifende Koordinierungsstelle für Braunbär, Luchs und Wolf" (KOST) 2012 erstellt hat. "Das ist eine großartige Grundlage, die man nur auf den aktuellen Stand von 2018 bringen muss", sagt Gorton. Gleichzeitig solle man die KOST – einst nach Vorfällen mit Braunbären, aber noch vor dem Eintreffen der Wölfe gegründet – als bundesweite Anlaufstelle reaktivieren. "Wichtig ist die zentrale Datensammlung für eine wissenschaftlich begleitete Diskussion", betont Gorton. In der KOST seien Wissenschaft, Landwirtschaft, Naturschutz, Politik, Verwaltung und Jagd vertreten.
Interessenskonflikt
"Solange das Wildtier Wolf nicht reguliert beziehungsweise bejagt werden darf, ist dessen Rückkehr in die österreichische Kulturlandschaft nur indirekt ein Thema für die Jagd", sagt Gorton. Allerdings drohen Wolfe als Schadens- und Konfliktverursacher wesentliche Interessen der Jägerinnen und Jäger zu bedrohen, gibt er zu bedenken. Außerdem: "Wenn es irgendwann zu legalen Abschüssen kommt, wird man sich an uns wenden."Auch eine mögliche Bedrohung für Menschen erwähnt das Papier. Zwischen 1950 und 2000 seien in Europa 59 Wolfsangriffe auf Menschen bekannt, in vier Fällen seien Menschen zu Tode gekommen. Die Quelle dazu wird nicht genannt. Zum Vergleich: In Österreich müssen jährlich laut Freizeitunfallstatistik des Kuratoriums für Verkehrssicherheit rund 5.900 Österreicher nach Hundeattacken im Spital behandelt werden.
Anlässlich der Präsentation der Jägerschaft fordert auch der WWF Österreich erneut ein verbessertes Wolfs-Management mit Herdenschutz-Maßnahmen und fairen Entschädigungszahlungen.
"Fachlich absurd"
"Wichtig ist, dass Umweltministerin Elisabeth Köstinger zeitnah einen Wolfsgipfel einberuft", sagt WWF-Wolfsexperte Christian Pichler. Er kritisiert die Forderungen der Jäger: "Wolf-Freihaltezonen ignorieren geltendes EU-Recht und sind naturschutz-fachlich absurd, weil sich ein frei lebendes Wildtier nicht an künstlich vom Menschen festgelegten Grenzen orientieren kann", meint Pichler.