Chronik/Österreich

Seilbahner bestehen weiter auf Rabatte für Einheimische

Das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts hatte für Aufsehen gesorgt: Ein Österreicher stritt zehn Jahre lang mit der Watzmann-Therme in Berchtesgaden – er fühlte sich vom Schwimmbad benachteiligt, weil er 2,50 Euro mehr zahlen musste als Einheimische. Die Richter in Karlsruhe gaben dem Kläger am Dienstag recht.

Für Walter Obwexer, Europarechts-Experte an der Universität Innsbruck, war der Ausgang des Verfahrens absehbar. Auf Österreich habe der Fall zwar keine direkten Auswirkungen, da er sich auf den Gleichheitssatz des deutschen Grundgesetzes beruft. Allerdings stellte das Gericht auch fest, dass das Oberlandesgericht München, das der geklagten Therme zunächst recht gegeben hatte, eigentlich den Europäischen Gerichtshof (EuGH) einschalten hätte müssen, sagt Obwexer. Und dieser habe in der Vergangenheit schon des Öfteren derartige Tarife gekippt.

Ausnahmen gebe es nur in bestimmten Fällen. „Wenn eine Gemeinde zum Beispiel eine Schwimmbad-Abgabe einführt, die alle Einwohner entrichten müssen, dann wären solche Vergünstigungen gerechtfertigt“, sagt Obwexer. Dennoch gebe es in vielen Museen, Schwimmbädern und anderen Freizeiteinrichtungen nach wie vor diese Rabatte.

Die Tiroler Grünen fordern nach dem Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts eine Regelung, die mit dem EU-Recht vereinbar ist. Nach der Entscheidung "brennt jetzt der Hut", meint Tourismussprecher Georg Willi. "Wir verlangen, dass sich die Regierung endlich um den Erhalt der Einheimischen-Tarife kümmert und Lösungen ausarbeitet, die diese Tarife rechtfertigen", sagt Willi.

Wehrhafte Liftbetriebe

Umstritten sind seit Jahren auch die Einheimischen-Tarife der heimischen Liftgesellschaften. Franz Hörl, Sprecher der österreichischen Seilbahner, zeigt sich von Obwexers Einschätzung unbeeindruckt. Er sieht die Sonderpreise rechtlich gedeckt und will weiter daran festhalten. "Wir Seilbahner sind auf das Wohlwollen der einheimischen Bevölkerung angewiesen", meint Hörl. Außerdem hätten Anwohner auch Nachteile durch den Tourismus, da dadurch auch der Verkehr zunehme. "Solange es kein EU-Vertragsverletzungsverfahren gibt, bleiben wir dabei", sagt der oberste Vertreter der Seilbahner.

Tourismusattraktionen

Sehenswürdigkeiten, die sich im Besitz der öffentlichen Hand befinden, sind mit Einheimischen-Tarifen vorsichtiger geworden. Wie etwa die Großglockner Hochalpenstraße: Vorstand Johannes Hörl hat kurz nach seinem Amtsantritt die Sonderpreise gestrichen. Die Gesellschaft hat deshalb mit den Gemeinden Verträge abgeschlossen. Die Kommunen zahlen einen Pauschalbetrag und tätigen werbliche Gegenleistungen. Dafür dürfen die Einwohner zu vergünstigten Preisen die Straßen benutzen, sagt Hörl.

Auf der Festung Hohensalzburg gehören gesonderte Tarife für Salzburger der Vergangenheit an, sagt Sprecherin Birgit Meixner. Ein Anwalt aus Frankreich hatte 2002 gegen die Vergünstigungen für Einheimische geklagt und vom EuGH recht bekommen.

Auch in Berchtesgaden hat der Thermen-Betreiber bereits reagiert: Der Einheimischen-Tarif wurde nach der Urteilsverkündung umgehend gestrichen, berichtete eine bayerische Lokalzeitung.