Salzburger Finanzskandal: Monika Rathgeber tauschte Anwalt aus
Eine Woche vor dem mit Spannung erwarteten Prozessauftakt im Rahmen des Salzburger Finanzskandals sorgt die Angeklagte Monika Rathgeber für eine gehörige Überraschung: Die ehemalige Leiterin des Budgetreferats des Landes trennte sich von ihrem langjährigen Anwalt Herbert Hübel und beauftragte prompt einen neuen:
Der Salzburger Anwalt Kurt Jelinek wird sie beim Strafprozess am 4. und 5. Februar, bei dem sie wegen Betrugs und Urkundenfälschung angeklagt ist, verteidigen. „Ja, ich habe die Vollmacht übertragen bekommen und bin in intensiven Beratungen mit Frau Rathgeber“, bestätigt Jelinek auf KURIER-Anfrage.
Streit um Strategie
Gerade die Verteidigungsstrategie dürfte zwischen Rathgeber und Hübel zuletzt für Unstimmigkeiten gesorgt haben. Dem Vernehmen nach soll sich die Ex-Budgetreferatsleiterin, der man vorwirft, Millionen an Steuergeld verspekuliert zu haben, einen Freispruch als Ziel gesetzt haben. Hübel möchte sich zu den Gründen für die Vertragsauflösung – so knapp vor Prozessbeginn – aber nicht äußern.
Um Monika Ratgeber war es nach der Veröffentlichung ihres Buches „Am System zerbrochen“ im November 2013 und einem Auftritt bei einem Theaterstück im Mai 2014, das sich mit dem Finanzskandal beschäftigte, still geworden. Sie zog sich aus Salzburg zurück und wohnt bei ihren Eltern im Innviertel, OÖ.
Wie dem KURIER aus ihrem Umfeld zu Ohren kam, hat die 44-Jährige bereits einen neuen Job: Sie arbeitet in Teilzeit als Sekretärin bei einem Salzburger Unternehmen. „Sie hat Angst, dass sie diesen Job jetzt verliert, weil sie vor Gericht und von den Medien wieder als Sündenbock dargestellt wird“, sagt ein Bekannter, der anonym bleiben möchte.
Betrug und Urkundenfälschung
Beim Prozess am kommenden Donnerstag wird Rathgeber mit zwei Vorwürfen konfrontiert: Zum einen soll sie bei der Geltendmachung von Mitteln des Katastrophenfonds des Bundes im Zeitraum von 2009 bis 2012 Schadensfälle teils fingiert und teils unrichtig dargestellt haben. Dadurch wurden ohne gesetzlicher Voraussetzung rund zwölf Millionen Euro an Gemeinden und das Land Salzburg gezahlt. Laut Anklage hat sich Rathgeber aber nicht selbst bereichert.
Zum anderen soll sie zwischen 2008 und 2012 insgesamt 96 Geschäftsbestätigungen für Finanzinstrumente – es handelte sich um Zins- und Währungsswaps – gefälscht haben. Für die Bestätigungen hat sie der Anklage zufolge die dafür nötige zweite Unterschrift eines Mitarbeiters der Finanzabteilung hineinkopiert.
Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Salzburger Finanzskandal sind aber noch nicht abgeschlossen. Drei Sachverhaltskomplexe inklusive eines Finanzstrafverfahrens werden derzeit noch bearbeitet. Im Visier der Ermittlungen stehen neben Rathgeber noch andere Ex-Mitarbeiter der Landes-Finanzabteilung sowie diverse Politiker.
Politisches Erdbeben
Mit dem Prozess gegen Monika Rathgeber startet nun die strafrechtliche Aufarbeitung des Salzburger Spekulationsskandals. An den finanziellen Folgen knabbert das Land bis heute. Die Affäre krempelte zudem die Polit-Landschaft komplett um. Am 6. Dezember 2012 berichtete der damalige SPÖ-Finanzlandesrat David Brenner bei einer Pressekonferenz von eigenmächtigen und riskanten Finanzgeschäften durch Rathgeber. Der Schaden würde bei bis zu 340 Millionen Euro liegen. Am nächsten Tag wurde die Landesbeamtin fristlos entlassen.
Kurz darauf kündigte Brenner seinen eigenen Rückzug an. Er hat der Politik den Rücken gekehrt und arbeitet heute als Manager in Deutschland.Die damalige Landeshauptfrau Gabi Burgstaller führte die SPÖ 2013 noch in die Landtagswahlen. Ihre Partei wurde von den Wählern abgestraft (Minus 15 Prozent) und drückt nun die Oppostionsbank. Burgstaller arbeitet heute wieder in der Arbeiterkammer Salzburg.
Die ÖVP musste ebenfalls ein sattes Minus verkraften. Wilfried Haslauer konnte aber den Landeshauptmann-Sessel erobern. Von dem Skandal profitierten letztlich auch die Grünen. Astrid Rössler führte den Vorsitz im U-Ausschuss, der das Desaster noch vor den Wahlen politisch aufarbeitete. Die Positionierung als Kontrollpartei brachte den Grünen 20 Prozent der Stimmen ein.
350 Millionen EuroNach derzeitigem Stand haben die Spekulationsgeschäfte das Land Salzburg mindestens 350 Millionen Euro gekostet, heißt es aus dem Büro von Finanzlandesrat Christian Stöckl (ÖVP). Dazu kommen noch Zahlungen von weiteren rund 180 Millionen Euro, die ebenfalls aus der Affäre resultieren – etwa für Steuernachzahlungen, Anwaltshonorare oder die Rückabwicklung der zu Unrecht kassierten Mittel aus dem Katastrophenfonds.
Das Spekulationsportfolio, das aus 244 Wertpapieren bestand, sei indes bereits „zu 99 Prozent“ abgewickelt.