Rücktransport: Der Urlaub kann die Existenz bedrohen
Von Daniel Melcher
Spitalsbett statt Strandliege. Egal ob Auto-, Sportunfall oder eine plötzliche Erkrankung: Es kann im Urlaub jeden treffen. Eine dadurch notwendige Rückreise nach Österreich kann die Betroffenen sogar in den Ruin treiben. „Unsere Erfahrung zeigt, dass Rückholungen mit dem Ambulanzjet meist derartig hohe Kosten verursachen, dass es für den Durchschnittsösterreicher schwer leistbar wäre, diese aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Der teuerste Transport, den wir seit 2009 verzeichnet haben, kostete 285.000 Euro“, erklärt Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen.
Kosten steigen
Bei dem angesprochenen Fall handelte es sich um eine Versicherte, die im Paradies einen regelrechten Albtraum erlaubte. In Tahiti legte eine virale Lungenentzündung die Reisende flach. Die Frau wurde für 17 Tagen stationär aufgenommen und danach mit dem Ambulanzjet nach Hause geflogen. Das kostete so viel wie ein Einfamilienhaus: Doch eine Auslandsreise-Krankenversicherung deckte die 285.000 Euro ab. Die Wiener Städtische hat pro Jahr mit 140 solcher Rückholtransporte zu tun.
Die Kosten bei Rückreisen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Hatte man laut Wiener Städtischen vor neun Jahren noch rund 10.000 Euro für einen Heimtransport mit dem Ambulanzjet bezahlt, waren es vergangenes Jahr mehr als 31.000 Euro.
Die günstigste Variante, nach Österreich gebracht zu werden, ist per Rettungsauto. Solche Transporte schlagen in Italien, Kroatien oder Deutschland zwischen 800 und 2000 Euro zu Buche. Eine Rückreise mit dem Ambulanzjet aus der Türkei, Spanien/Kanaren oder Ägypten kostet bis zu 20.000 Euro. In Nordamerika oder Asien können schnell Summen um die 70.000 Euro erreicht werden. In ferneren Destinationen wie Australien, Neuseeland oder Südamerika wird leicht die 100.000-Euro-Marke erreicht.
Nicht mitberechnet sind hierbei die Krankenhauskosten. In Ländern wie Spanien, Griechenland oder Türkei werden diese pro Tag zwischen 500 und 1000 Euro beziffert. In den USA kann ein Aufenthalt auf der Intensivstation sogar bis zu 10.000 Dollar kosten.
Auch der ÖAMTC, der solche Rückflüge organisiert (vergangenes Jahr waren es 86, Anm. d. Redaktion), warnt Nicht-Versicherte. „Ein Krankenhausaufenthalt und ein notwendiger Rücktransport können das Urlaubsbudget um das Zwei- bis Dreifache übersteigen. Im schlimmsten Fall können sogar Existenzen zugrunde gehen, wenn ein Patient nicht die finanziellen Mittel hat, seine Behandlung zu bezahlen“, sagen die Experten. Der Schutzbrief plus dem Weltreise-Krankenschutz decke solche Kosten ab.
Weltweite Absicherung
„Insbesondere in den USA, aber auch einige Regionen Asiens können die Kosten für Schadensfälle insgesamt in einzelnen Fällen durchaus an die halbe Million Euro und darüber gehen“, berichtet Wolfgang Lackner, Vorstandsvorsitzender der Europäischen Reiseversicherung. Das Unternehmen war vergangenes Jahr mit 617 solcher Transporte konfrontiert, die Gesamtkosten beliefen sich auf 3,6 Millionen Euro.
Die Experten raten dazu, dringend eine Versicherung, die eine Rückholung aus der ganzen Welt beinhaltet, abzuschließen. Laut der europäischen Reiseversicherung gehen bis zu 60 Prozent der Urlauber eine solche ein. „In einzelnen Reisebüros liegt der Wert sogar bei 80 Prozent“, sagt Lackner.
Deutlich geringer sei der Anteil bei jenen, die ihren Urlaub individuell zusammenstellen.
Einige der teuersten Fälle
- Tahiti: Frau L. bucht trotz chronischer Lungenkrankheit eine Südpazifik-Kreuzfahrt, da ihr der Arzt grünes Licht gibt. Auf hoher See bekommt L. Atembeschwerden, erleidet ein Nierenversagen und muss ins Spital. Nach 17 Tagen im Krankenhaus wird sie per Ambulanzjet heim geflogen. Die Kosten belaufen sich auf 334.000 Euro.
- USA: Rosa K. und ihr Ehemann buchen ihre lang ersehnte Kalifornien-Reise. Gleich am ersten Urlaubstag trifft ein tief hängendes Kabel die Oberösterreicherin am offenen Oberdeck eines Doppeldeckerbusses. K. wird notoperiert, muss zurückgeflogen werden. Die Gesamtkosten: 233.000 Euro.
- Barbados: Ein Österreicher stürzt 2015 auf der Karibikinsel von einer Klippe und zieht sich schwere innere sowie äußere Verletzungen zu. Der Verletzte muss ins Krankenhaus, die Operations- und Behandlungskosten summieren sich auf 91.000 Euro. Hinzu kommt der Rücktransport per Ambulanzjet um 71.000 Euro.
- Neuseeland: Eine Grazerin verunglückt bei einem Unfall, wird ins Spital eingeliefert. Aufgrund ihrer Verletzungen muss sie 35 Tage im Krankenhaus verbringen. Danach wird die Österreicherin mit dem Ambulanzjet nach Österreich transferiert. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 105.000 Euro.