Chronik/Österreich

Reißeckbahn: Zug ist so gut wie abgefahren

60.000 Gäste transportierte die Reißeckbahn jahrzehntelang jeden Sommer auf 2245 Meter Seehöhe. Der einzige Schrägaufzug der Ostalpen garantierte, dass das Mölltal zu den Top-Ten-Touristenattraktionen Kärntens zählte. Nun will der Verbund das Transportmittel stilllegen, dieses Vorhaben muss das Verkehrsministerium allerdings erst gewähren.

Die vorübergehende Einstellung des Bahnverkehrs hat die Behörde 2015 durchgewunken, weil sie aufgrund von Kraftwerksbauten auf dem Reißeck erforderlich war. Mit der Fertigstellung einer Alpenstraße wurde die Bahn als Transportmittel für den Verbund jedoch obsolet. Und somit auch der defizitäre Personentransport – der seit den 1960er-Jahren genutzte Schrägaufzug soll folglich nie wieder in Betrieb gehen.

Mit dem Wunsch des Energieriesen alleine ist der Zug für die einzige Touristenattraktion im Tal aber noch nicht abgefahren. Das Ministerium darf die Einstellung laut Seilbahngesetz nur bewilligen, "wenn die Weiterführung dem Seilbahnunternehmen aufgrund der wirtschaftlichen Situation nicht mehr zugemutet werden kann und eine Weiterführung durch ein anderes Unternehmen nicht zu erwarten ist".

Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) hat am 2. Dezember eine parlamentarische Anfrage des Nationalrats Erwin Angerer (FPÖ), Bürgermeister der Mölltaler Gemeinde Mühldorf, beantwortet. Demnach hält die Verbund Hydro Power bis 2022 die Konzession an der Bahn. Und dieses Unternehmen müsse jetzt die Unzumutbarkeit der Weiterführung "überzeugend darlegen". Man werde zur Beurteilung einen "strengen Maßstab" heranziehen und "öffentliche Interessen ebenfalls berücksichtigen", sagte Leichtfried.

Ein möglicher Haken: Laut Anfragebeantwortung fließen die Wirtschaftsdaten des Mutterunternehmens Verbund AG und des Verbund Tourismus, der die Bahn betreibt, nicht in die Beurteilung ein. "Das ist unverständlich. Würde man untersuchen, ob der gesamte Konzern wirtschaftlichen Schaden erleiden könnte, so wäre der Antrag auf dauernde Einstellung der Bahn sofort abzuweisen", sagt Angerer, der kürzlich auch die Volksanwaltschaft eingeschaltet hat.

500.000 Euro Minus

Für den Verbund ist die Sache ebenso eindeutig: "Die Bahn produziert jährlich mehr als eine halbe Million Euro Minus. Der Kraftwerksbetrieb darf dem Tourismusbetrieb auch keine Summen mehr zuschießen – das wäre eine unerlaubte Querfinanzierung", sagt Sprecher Robert Zechner. Und: Der Verbund habe drei Monate lang einen Interessenten für die Reißeckbahn gesucht, allerdings sei kein Angebot eingelangt.

Ein Einwand kommt von Reißecks Bürgermeister Kurt Felicetti (SPÖ): "Die umliegenden Gemeinden haben angeboten, künftig den Betrieb zu übernehmen. Über einen Kaufpreis kann man reden." Der Verbund wertet dies nicht als Angebot.