Chronik/Österreich

Reisemängel: Ameisenspray als Souvenir

Die Gerichte werden knausriger. Bekam man in den Vorjahren für Ameisen im Hotelbett noch 10 Prozent Rückerstattung vom Pauschalreisepreis zugesprochen, so heißt es jetzt: Kein Mangel, Null Prozent Preisminderung, den Urlaubern wurde ohnehin an der Rezeption ein Ameisenspray in die Hand gedrückt.

Flecken auf der Bettwäsche, durch den Speiseraum flatternde Sperlinge, leere Blumenbeete in der Hotelanlage? Bei solchen Beschwerden ist mit keinem finanziellem Ausgleich zu rechnen. Die abgenutzte Bettwäsche ist bloß eine Unannehmlichkeit, „und einen Vogel im Lokal kennen wir auch, im Gerichtscafe vom Justizzentrum Wien-Mitte haust eine Taube“, sagt der Anwalt Eike Lindinger.

Der Reiserechtsspezialist sammelt seit Jahren Urteile zum Thema Urlaubsmängel und nimmt sie in seine so genannten Wiener Liste (erschienen bei Manz) auf. Die Orienterungshilfe hilft bei der Einschätzung der Prozesschancen nach einem verpatzten Urlaub.

Abhilfe

„Der Verbesserung des Mangels wird Vorrang gegeben“, sagt Lindinger: Kann vor Ort gleich Abhilfe geschaffen werden (wie mit dem Ameisenspray), gibt es später keinen Anspruch auf Preisminderung. Außerdem bieten die Veranstalter vermehrt außergerichtlich eine Entschädigung an (siehe Erfahrungsbericht unten), vor Gericht kommen oft nur noch Skurrilitäten wie diese:

Alle Inhalte anzeigen

So hat sich Sona Strummer ihren Urlaub nicht vorgestellt. Die 49-Jährige war über Silvester eine Woche in Island – zum Sterne schauen. Doch schon am zweiten Tag der Reise wurde die gesamte Lobby des Hotels in Reykjavik aufgestemmt. Lautstark versteht sich. „Es ging von 7 Uhr Früh bis weit nach 20 Uhr in die Nachtstunden hinein“, sagt Strummer. „Das war sehr laut. Wir hatten keine Chance zum Ausschlafen“, sagt Strummer.

Alle Inhalte anzeigen
Weil sie auch vor Antritt der Reise nicht über die Umbauarbeiten informiert wurde, hat sie sich bei ihrem Reiseanbieter beschwert und die Baustelle im Hotel mit Fotos dokumentiert.120 Euro bot man ihr zunächst als als Entschädigung an. Das Hotel erklärte die „Umstellung“ für die Gäste als „minimal“, weil ja zwei Lobbys vorhanden gewesen seien. Das Hotelpersonal habe sich „bemüht die Unannehmlichkeiten für die Gäste zu minimieren.“

120 Euro waren Strummer bei Reisekosten von insgesamt 2445 Euro für zwei Personen aber doch zu wenig. Schlussendlich hat man sich auf 200 Euro Entschädigung geeinigt. „Eigentlich ist auch das mickrig, aber die Mitarbeiter des Reiseanbieters haben sich sehr bemüht und waren freundlich“, sagt Strummer. Vom Reisen abbringen lässt sie sich dadurch nicht: „Je mehr man reist, desto entspannter ist man, wenn Mängel auftreten.“