Chronik/Österreich

Psychologen für Flüchtlinge gesucht

Die Mär vom Flüchtling, der es sich "bei uns" ja nur in der sozialen Hängematte gemütlich machen will, mag an so manchem Stammtisch verbreitet werden. Dass viele Österreicher anders denken und angesichts der Tragödie, die sich in Syrien abspielt, helfen wollen, zeigt das große Echo auf die KURIER-Aktion "Leser helfen".

"Nach den Berichten in der Vorwoche haben sich unglaublich viele Menschen bei uns gemeldet", sagt Petra Mühlberger, die die Freiwilligenarbeit der Caritas leitet und koordiniert: "Wir hatten Hunderte Anfragen, das Telefon hat ständig geläutet."

Die meisten, die ihre Hilfe angeboten haben, wollten und wollen den Flüchtlingen Zeit spenden – für Lernhilfe oder Kinderbetreuung. Der Bedarf daran ist jetzt einmal gedeckt, sagt Mühlberger. "Aber wir suchen noch dringend Ärzte, die sich als Freiwillige zur Verfügung stellen."

Benachteiligten helfen

Ärzte wie Caroline Fraihs, Allgemeinmedizinerin in Perchtoldsdorf (NÖ) und Wien-Hietzing. "Ich wollte schon als Studentin nach dem Studium ins ,arme‘ Ausland", erklärt die 51-Jährige. "Aber dann habe ich noch während des Studiums meine beiden Kinder bekommen und damit hatte sich die ganze Sache erübrigt." Bis jetzt. "Jetzt sind die Kinder erwachsen, jetzt hab ich wieder mehr Freizeit." Zeit, um "Menschen zu helfen, die benachteiligt sind".

Künftig wird Fraihs in Traiskirchen und im Haus Amadou der Caritas im 15. Bezirk helfen, wo 150 Flüchtlinge und Migranten untergebracht sind, großteils ohne Grundversorgung und Krankenversicherung. Mit Schwierigkeiten bei ihrer neuen Aufgabe rechnet Fraihs nicht. "Das einzige Problem mit den Flüchtlingen wird wohl ein sprachliches sein. Aber das ist bestimmt zu meistern. Ich bin ärztliche Leiterin in einem Pflegeheim und arbeite dort mit Demenzkranken – mit denen kann ich auch nicht kommunizieren, da muss ich mit der Kunst der Medizin herausfinden, was dem Patienten fehlt."

Panikattacken

Die meisten Kriegsflüchtlinge hätten psychosomatische Erkrankungen, sagt Irmgard Joo, die das Haus Amadou leitet. "Viele haben Panikattacken. Es passiert relativ häufig, dass ein Flüchtling plötzlich schlimme Kopf- oder Magenschmerzen bekommt und einfach umfällt." Daher sucht die Caritas dringend Psychiater, Psychologen und Psychotherapeuten als freiwillige Helfer.

Und natürlich weiterhin Geldspenden. Das Haus Amadou bekommt beispielsweise gerade einmal für jeden sechsten betreuten Flüchtling Geld vom Staat, die restlichen Plätze werden mit Spenden finanziert. Joo wünscht sich daher auch "fürs Haus mehr Geld – und für die Flüchtlinge, dass man sie menschenwürdig behandelt und nicht permanent im Kreis schickt"."Ich finde es traurig, wie in Österreich mit Flüchtlingen umgegangen wird", sagt auch Fraihs. "Wir leben in einem solchen Überfluss, dass es fast schon peinlich ist. Und trotzdem besteht nicht die Möglichkeit, mehr Menschen aufzunehmen?! Das ist beschämend."

KURIER-Hilfsaktion

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Das Schicksal der Flüchtlinge aus Syrien bewegt die Österreicher. Viele wollen helfen. Der KURIER zeigt, wie und wo Ihre Unterstützung am wirkungsvollsten ist. Beteiligen Sie sich an der Aktion, helfen Sie den Menschen in Not aus Syrien. Wie das geht, erfahren Sie hier.

Nicht nur bei der Caritas, auch bei der asylkoordination österreich haben sich nach den KURIER-Berichten viele Leser gemeldet. Rund 30 wollen im Rahmen des Projekts „Connecting People“ Patenschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge übernehmen.

Eine davon ist die 41-jährige Caroline W. aus Wien. Die Bankangestellte war „ziemlich erschüttert, dass sich viele Gemeinden und Bundesländer so sträuben, Flüchtlingen zu helfen. Andererseits habe ich mir gedacht, die meisten Privatpersonen, inklusive mir selbst, machen es nicht anders. Aber irgendwas, außer mich aufregen, könnte ich eigentlich auch tun.“

Frau W. überlegte also, wie ihre Hilfe aussehen könnte, „und dann habe ich den KURIER-Artikel gelesen. Ich habe mir gedacht, ja, eine Patenschaft für einen minderjährigen Flüchtling zu übernehmen, das kann ich mir auch gut vorstellen.“

Die 41-Jährige fragte ihre Kinder, 12 und 14 Jahre alt, was sie von der Idee halten, ab und zu Zeit mit einem jungen Flüchtling zu verbringen – „und sie sind einverstanden“. Jetzt bekommt die Bankangestellte eine dreitägige Schulung, dann darf sich ein minderjähriger Flüchtling auf gemeinsame Unternehmungen mit der Familie freuen.

„Ich denke, wir können alle davon profitieren, wenn wir mithelfen, einem jungen Menschen den Start in ein neues Leben zu erleichtern“, sagt Frau W. „Jeder so, wie er eben kann.“