Polizistin stand eisern zu Verbrecher
Von Daniel Melcher
17 Anzeigen. Acht Fälle wegen (teils schwerer) Körperverletzung, vier Anzeigen wegen unerlaubten Umganges mit Suchtgift, drei Mal Widerstand gegen die Staatsgewalt und zwei missachtete Wegweisungen. Was sich wie ein Querschnitt durch das Strafgesetzbuch liest, ist der Lebenslauf eines Mannes, mit dem eine Polizistin monatelang eine Beziehung führte. Die verbotene Liebe kam die Frau teuer zu stehen.
Die Beschuldigte übt den Beruf seit 15 Jahren aus. In Kontakt waren die beiden gekommen, da sich die Polizeiinspektion, in der die Beamtin arbeitete, in der Nachbargemeinde ihres Liebhabers befindet. Bei Einsätzen wurde ihre Inspektion oftmals zur Verstärkung gerufen. Anfang 2017 sprang der Funke dann über. Die Revierinspektorin hatte den Beschuldigten davor schon selbst festgenommen. Der Kriminelle wurde auch mehrfach verurteilt und hatte sogar seine eigene Mutter attackiert. Die Polizistin verfasste als zuständige Sachbearbeiterin einen Abschlussbericht über den Serientäter, beschrieb die Charakterzüge des Mannes mit „bekannte Aggressivität und Gewaltbereitschaft“.
Als „Schatzi“ eingespeichert
Die Beziehung machte auch in Polizeikreisen die Runde, war in der Inspektion Gesprächsthema Nummer eins. Der Dienststellenleiter erfuhr von der Liebelei im April 2017. Als der Verbrecher dann Monate später wieder einen Polizisten bei einer Amtshandlung verletzt hatte, sah sich der Chefinspektor gezwungen, durchzugreifen. Er nahm der Polizistin den Schlüssel zur Polizeiinspektion ab, weil man befürchtete, dass ihr Freund sonst Zutritt bekäme.
Die Draufgabe folgte, als der Verdächtige bei seiner Einvernahme mit der Beziehung zur Beamtin prahlte. Stolz erzählte der Beschuldigte, dass er wisse, wie es bei der Polizei läuft. Dabei zeigte er sein Handy samt ihren Kontakt her – er hatte seine Liebste unter „Schatzi“ gespeichert. Mit der Geschichte gab der Verdächtige auch an, als er tags darauf in der Justizanstalt zur Untersuchungshaft eingeliefert wurde.
Während seiner Zeit hinter Gittern bekam der Mann insgesamt fünf Mal von der Beamtin Besuch. Bei seiner Haftentlassung im Oktober 2017 scheute sich die Polizistin auch nicht, ihren Herzensjungen abzuholen. Ein hohes Tier aus der Justizanstalt hatte das verliebte Paar dabei beobachtet. Die Frau soll auch mindestens zwei Mal bei dem Kriminellen übernachtet haben, ihr Auto war den Kollegen aufgefallen.
2200 Euro Strafe
Mittlerweile soll die Polizistin den Kontakt zu dem Serienverbrecher abgebrochen haben. Im April hatte sie sich per rechtsanwaltlichen Schreiben an ihren Verflossenen gewandt, dass dieser keinen Kontakt zu ihr aufnehmen solle. Außerdem hat die Frau um eine Versetzung in eine andere Inspektion angesucht. Sie befindet sich seit Juli in einer Beziehung mit einem anderen Mann.
Bei einer Disziplinarverhandlung im August zeigte sich die Beamtin zwar reumütig und gab zu, das Ansehen des Amtes geschädigt zu haben. Damit hatte die Polizistin das „Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung“ beschädigt. Der Disziplinaranwalt beantragte eine Geldstrafe zwischen 7000 und 10000 Euro, blitzte jedoch ab.
Denn bei der Urteilsfindung flossen als Milderungsgründe das Geständnis, die positive Zukunftsprognose und die bisherige Unbescholtenheit ein. Weil der lange Tatzeitraum als Erschwerungsgrund hinzu kam, musste die Frau somit 2200 Euro Strafe zahlen. Ein teures (Liebes-)Vergnügen.