Niqab-Verbot könnte dem Tourismus schaden
September am Zeller See: Die Boote mit den arabischen Gästen sind merklich weniger geworden. Die Hauptsaison ist nach dem August zu Ende. Langsam kehrt Ruhe ein. Ruhe, die sich die Touristiker in der Bergstadt offenbar nicht mit der Diskussion um ein mögliches Verbot von Niqab und Burka stören lassen wollen. Ein solches würde vorwiegend Touristinnen betreffen. In Österreich gehen Schätzungen lediglich von bis zu 150 Niqab-Trägerinnen aus. Mögliche Auswirkungen auf den Fremdenverkehr möchte in Zell am See kaum jemand kommentieren.
Schlechte Erfahrungen habe man in der Vergangenheit mit negativer Presse gemacht, sagt ein prominenter Hotelier aus Zell am See, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Von einem Niqab-Verbot hält er naturgemäß nichts. "Das wäre so, also würde man einem Tiroler in der Türkei die Lederhose verbieten", sagt er. Selbst vom Betreiber zweier Restaurants, der sich ausschließlich auf arabische Gäste konzentriert hat, heißt es nur "no comment". Auch von offizieller Seite will niemand eine Stellungnahme abgeben – die Touristiker hüllen sich lieber in einen Mantel des Schweigens.
Auf Araber spezialisiert
Einer der wenigen aus der Branche, die mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg halten, ist Harald Bruckner. Der Wiener hat vor rund 20 Jahren das Hotel Neue Post in Zell am See übernommen. Davor war er für einen US-Elektronikkonzern im arabischen Raum tätig. Im Sommer komme ein Drittel seiner Gäste aus arabischen Ländern, im August sogar die Hälfte. "Für uns sind die Araber im Sommer eine wichtige Gästegruppe. Auch wenn das vielleicht niemand so sagen will: Wir haben uns darauf spezialisiert", sagt Bruckner.
Mehr als 400.000 Gäste aus den arabischen Ländern zählte die Österreich Werbung im Vorjahr im ganzen Land. Neben dem Raum Zell am See ist Wien beliebtestes Reiseziel. Rund 200.000 arabische Touristen kommen jährlich in die Bundeshauptstadt. Der Jubel über jährliche Zuwachsraten bei der kaufkräftigen Klientel im zweistelligen Prozentbereich verging den Touristikern nach den Forderungen des Außenministers.
"Ist unsere Tradition"
Freitagvormittag am Stephansplatz: Tausende Touristen tummeln sich durch die Kärntner Straße, selten tragen Frauen Niqab, noch seltener Burka. Vor dem Dom steht ein junger Mann mit dunklem Teint: "Haare sind die Herrlichkeit der Frau und sie ist nur für den einen Mann bestimmt. Beim Beten sollten Frauen ihr Haar verhüllen", sagt er. Er ist kein Muslim, sondern bibelfester Christ, der eine Broschüre verteilt und in religiösen Belangen für Selbstbestimmung plädiert. Doch was sagen jene, über die so hitzig diskutiert wird?
Wer in der Öffentlichkeit Niqab oder Burka trägt, muss im Tessin mit Strafen bis zu 1000 Schweizer Franken (rund 915 Euro) rechnen. Wiederholungstäterinnen drohen Bußgelder bis 10.000 Franken.
Vor dem Inkrafttreten des Verbots wurde von Widerständen der Tourismusbranche berichtet – der überwiegend italienischsprachige Landesteil gilt bei reichen Gästen aus dem arabischen Raum als populär. Der Präsident des Hotellerieverbandes im Tessin, Lorenzo Pianezzi, hatte zunächst von Stornierungen von Touristen aus dem arabischen Raum gesprochen.
Wenige Wochen danach wurde Pianezzi in der Tageszeitung Blick jedoch folgend zitiert: „Die arabischen Gäste sind gut informiert und zeigen eine große Bereitschaft, die Regeln zu respektieren.“ Das Verbot würde akzeptiert, die Befürchtungen von Einnahmeverlusten in der Tourismuswirtschaft hätten sich nicht bestätigt.