Neuer Stadtteil ohne Grenzen entlang der B17
Von Katharina Zach
Spaziergänger flanieren unter den Bäumen die Triester Straße entlang, Schüler der nahen AHS Vösendorf nutzen ihre Freistunde, auf ihren Rädern sind bereits einige neue Bewohner des Marktviertels sowie der Siebenhirtener Ketzergasse auf dem Heimweg.
So zumindest lautet die Zukunftsvision, die derzeit für das Grätzel am Wiener Stadtrand Form annimmt. Ein neues Stadtquartier mit Wohnungen, Geschäftsflächen sowie Naherholungsgebieten soll entstehen. Das Besondere daran: Erstmals wird Stadtplanung über Landesgrenzen hinaus betrieben.
Derzeit liegt die Gegend weitgehend brach. Täglich stauen sich Pendler auf der vierspurigen B17, im Marktviertel wechseln sich Wettcafés mit Outlet-Centern und Parkplätzen ab. An der Ketzergasse stehen Häuser leer. Viel ungenutzte Fläche in einer stark wachsenden Region. Schon 2025 sollen mehr als zwei Millionen Menschen in Wien leben, die Bevölkerung im Bezirk Mödling soll um fünf Prozent auf 125.600 Einwohner zulegen. „Es geht darum, Räume neu zu denken. Nicht im Sinne von Landesgrenzen sondern im Sinne von Lebensräumen“, betont der zuständige nö. Landesrat Stephan Pernkopf (ÖVP).
Potenzial
Aus Sicht von Experten hat die Region großes Potenzial. Mit der U6 und der Badner Bahn sind Siebenhirten und Vösendorf gut angebunden. Im Vorjahr wurde daher ein „Aktionsplan“ entworfen, der Ideen für eine Revitalisierung der Region aufzeigt.
Einzelne Maßnahmen werden bereits in Angriff genommen. Etwa durch Schaffung von Naherholungsgebieten. „Entlang des Petersbaches sollen Freiräume entstehen“, erklärt Andreas Hacker vom Stadt-Umland-Management. Ein sogenannter „Peterspark“ im Raum Vösendorf mit Fuß- und Radwegen soll Erholungssuchende locken.
Auch der schon lange forcierte Radweg über die B17 in die Ketzergasse soll heuer umgesetzt werden. Klingt unbedeutend, aber damit entsteht eine Ost-West-Verbindung vom Bahnhof Hennersdorf bis zum Wiener Radnetz und nach Siebenhirten.
Langfristig geht es auch um die Revitalisierung des Marktviertels in Vösendorf. „Ohne Grundstückseigentümer geht dort gar nichts“, erklärt Gemeinderat Christian Kudym (SPÖ).
Grünes Wohngebiet
Gemeinsam mit diesen und der Stadt Wien soll ein Masterplan entwickelt werden. „Es fehlt dort derzeit sehr viel Grün“, sagt Kudym. Dabei wären mit der dortigen Flächenwidmung viele Projekte möglich. So liegt etwa das Areal der ehemaligen Alvorada-Fabrik im Bauland-Kerngebiet. Um dort eine mögliche Bebauung zu regulieren, hat Vösendorf eine Bausperre verhängt.
Experten plädieren für eine gemischte Nutzung des Stadtteils mit Wohnraum und Gewerbe. Allein, derzeit scheitert ein derartiger Plan an den unterschiedlichen Raumordnungsgesetzen in Wien und NÖ. Die Länder wollen hier nun Lösungen finden. Auch ein gemeinsamer Schulstandort von NÖ und Wien wird intensiv diskutiert. Die größte Vision ist wohl jene, des „Boulevards Triesterstraße“. Die Hauptverkehrsader trennt derzeit Wien und NÖ, Querungen sind kaum möglich, die Gegend ist heruntergekommen. „Die B17 muss man sich anschauen“, betont Rüdiger Maresch, Umweltsprecher der Wiener Grünen. Die sei viel zu breit. Maresch plädiert daher für einen Rückbau, dafür soll es eine Taktverdichtung der Badner Bahn sowie einen länderübergreifenden Busverkehr samt gemeinsamer Tarif-Zone geben.
Statt vier Spuren könnten es also zwei samt Radwegen werden. Verkehrsplaner sollen sich nun mögliche Konzepte anschauen. „Es geht darum, den Bereich lebenswerter zu machen, da sind sich alle einig“, sagt Hacker.
Nun ist die Politik am Zug. Denn Strukturen, die solche länderübergreifenden Projekte ermöglichen, fehlen vielfach. „Das braucht politischen Mut“, bringt es der nö. Landtagsabgeordnete Hannes Weninger (SPÖ) auf den Punkt.
Stadtquartier
Projekt: Die Entwicklung des Gebiets Vösendorf-Siebenhirten geschieht im Rahmen des des europäischen Netzwerks „sub>urban. Reinventing the fringe / den Stadtrand neu erfinden“. Dabei entwickeln neun Städte Konzepte für untergenutzte Gebiete zwischen Stadt und Umland.
Notwendigkeit: Viele Herausforderungen wie Wohnraumschaffung und Verkehr sind im Süden von Wien nur gemeinsam mit NÖ zu lösen. Bislang gab es aber kaum gemeinsamen Planungen.