Nach Zugunglück: „Da gehört ein Schranken hin“
„Das ist unfassbar. Wir sind alle erschüttert“, sagt der Betriebsratschef der Holding Graz, Horst Schachner, selbst gelernter Buschauffeur: Eine 34-jährige Kollegin starb Dienstagfrüh, als ihr Bus auf dem unbeschrankten Bahnübergang in der Grazer Grottenhofstraße von einem Passagierzug gerammt und zehn Meter zur Seite geschleudert wurde.
Sieben Passagiere im Bus der Linie 33 wurden schwer, drei weitere leicht verletzt. Klaus Baumgartner, Einsatzleiter der Feuerwehr, berichtet, dass der Zug über die gesamte Länge entgleiste. Der Unfall passierte kurz vor acht Uhr früh, als der Bus zwar noch gut besetzt, aber nicht so voll war die Garnituren 15 bis 30 Minuten zuvor: Um diese Zeit drängen sich viele Schulkinder in den Bussen der Linie 33.
Die 70 Fahrgäste im Zug der Graz-Köflach-Bahnen (GKB) blieben unverletzt, körperlich zumindest. Die Grazerin, die seit vier Jahren bei der Holding als Chauffeurin arbeitete, galt als besonders umsichtige Fahrerin, ebenso wie ihr Mann: Er hatte ebenfalls Dienst und saß am Steuer seines Busses, als seine Frau verunglückte. Die 34-Jährige wurde aus dem Sitz katapultiert: Sicherheitsgurte für Lenker sind in den Bussen nicht vorhanden.
Bis zu 100 km/h
Die Polizei ermittelt in alle Richtungen: Möglich, dass durch die Sonneneinstrahlung das Rotlicht nicht zu erkennen war. Laut GKB-Sprecher Ernst Suppan funktionierte die Ampelanlage zum Unglückszeitpunkt. Personenzüge dürfen diese Kreuzung übrigens bis zu 100 km/h queren. Wie schnell der Regionalzug am Dienstag unterwegs war, wurde noch nicht bekannt gegeben.
Die Kreuzung ist aber berüchtigt unter Kfz-Lenkern. Dichte Bepflanzung macht sie wenig einsehbar und unsicher. GKB-Sprecher Suppan versichert, dass „wir den Sichtraum auf Eisenbahngrund freihalten“. Was auf privaten Flächen wachse, könne die Bahn nicht regeln.
Betriebsratschef Schachner, auch ÖGB-Vorsitzender in der Steiermark, fordert Konsequenzen. „Da gehört einfach ein Schranken hin. Dort kollidieren immer wieder Autos mit Zügen.“ Zuletzt soll ein Streifenwagen an dem Übergang von einer Lok erfasst worden sein.
Bürgermeister Siegfried Nagl, ÖVP, drängt in dieselbe Richtung: Von den 17 Bahnübergängen in Graz, die auf Straßenniveau liegen, sind neun nur mit Lichtsignalen gesichert. „Ich würde mir wünschen, dass auch diese Übergänge Schranken bekommen“, betont der Stadtchef. Das Geld dafür wäre bereit, die Stadt muss die Hälfte der Kosten zahlen. Das zu verordnen ist jedoch Sache des Landes.
Überprüfung noch heuer
Für den Bahnübergang in der Grottenhofstraße gilt ein aufrechter Bescheid, wonach eine Ampelanlage als Sicherung reicht. Ob ein Schranken oder eine Lichtanlage errichtet wird, entscheidet die Behörde – in dem Fall das Land Steiermark. Dessen Experten müssen auf Basis der Bundes-Verordnung aus 2012 aber alle Übergänge erneut begutachten: Das sind für die Steiermark insgesamt 450 Eisenbahnkreuzungen. 115 davon gehören zum 112 Kilometer langen Netz der GKB.
Zwei Drittel der GKB-Übergänge sind mit technischem Kreuzungsschutz ausgestattet: Allerdings sind das großteils Lichtanlagen, darunter fallen nur acht Bahnübergänge mit Schranken.
Für diese Überprüfungen hat die Abteilung für Verkehr und Landeshochbau eine Frist bis 2024: Bisher wurde die Hälfte der Eisenbahnübergänge neu begutachtet, berichtet Verkehrslandesrat Anton Lang, SPÖ. Die Kreuzung in der Grazer Grottenhofstraße stehe noch für heuer auf dem Prüfplan.