Nach Gutachten enterbt: Gericht wird Haller freisprechen
Der bekannte Gerichtsgutachter und Psychiater Reinhard Haller musste sich am Donnerstag in seiner Heimat Vorarlberg in einem Zivilprozess verantworten. Die 52-jährige Inge Staudinger beschuldigte ihn, sie durch ein falsches Gutachten um ihre Erbschaft gebracht zu haben. Der KURIER berichtete in Vorfeld.
Die Vorgeschichte: Staudingers Großvater macht im Jahr 1997 ein Testament, darin vererbt er der Enkelin unter anderem ein großes Grundstück in Kitzbühel. 2000 stirbt der Großvater, mittlerweile dement. Die Erbschaft wird von Inge Staudingers Mutter angefochten. Drei Vorgutachten und das Gutachten Reinhard Hallers kommen teils Jahre nach dem Tod des Großvaters zum Schluss: Er sei bereits 1997 nicht mehr geistig in der Lage gewesen, das Testament zu verfassen. Die Erbschaft wurde annulliert, Staudinger schaute durch die Finger.
Die Psychiater mussten die Demenz quasi „zurückrechnen“. Der Anwalt von Inge Staudinger, Helmut Schott, zweifelt an der Rechtschaffenheit dieser Methode. „Der Großvater meiner Mandantin, war nicht krank und nicht verwirrt.“ Ein einziges Mal sei er vor der Testamentsunterzeichnung wegen Verwirrtheit für vier Tage im Krankenhaus gewesen. „Daraus einen konkreten Krankheitsverlauf ableiten zu wollen“, sei absurd.
Die Gutachter gingen aber einhellig davon aus, dass diese Verwirrtheit höchstwahrscheinlich bereits mit der späteren Demenz in Verbindung mit Alzheimer in Zusammenhang stand.
Inge Staudinger, die angibt, durch Hallers Gutachten „ruiniert“ worden zu sein, klagte ihn auf 1,35 Millionen Euro Schadenersatz. Haller wiederum spricht davon, dass Anwalt Schott ihn verfolge: „Er hat bereits elf Verfahren gegen mich angestrengt und alle verloren.“ Sein Gutachten, so Haller, belege nur, was schon drei Kollegen vor ihm festgestellt hätten.
Das Urteil ergeht schriftlich. Beide Streitparteien gingen nach Prozessende davon aus, dass Haller der Erbin keinen Schadenersatz leisten muss.