Mord: "Kampfmesser" führte zu jungem Soldaten
Es war Tag 23 der Ermittlungen zum Mordfall Bad Reichenhall, als eine Polizeistreife in der Nähe von Trondheim, Norwegen, einen jungen Mann zu Fuß am Straßenrand antraf. Er gab sich als Christoph R. zu erkennen – jener 20-jährige deutsche Soldat, für den zwei Stunden vorher internationaler Haftbefehl durch die bayerischen Behörden ergangen war.
Der mutmaßliche Mörder des 73-jährigen Alfons S. ist seit Dienstagabend in Haft. Zu den Vorwürfen zur Bluttat in der Nähe Salzburgs habe er sich noch nicht geäußert, aber die Beweise gegen ihn wiegen schwer, betont Hans-Peter Butz, Leiter der Sonderkommission "14. Juli" der Kriminalpolizei Traunstein.
Fast 600 Hinweise aus der Bevölkerung wurden seit der Tatnacht registriert, 130 Personen hat die Polizei überprüft. 60 Ermittler arbeiteten beinahe Tag und Nacht, zählt Butz auf.
Fahndung
Die "heiße Spur" war letztlich das Messer, das der Täter in der Nähe des Tatorts in ein Gebüsch geworfen hatte. Damit wurden Alfons S. am 14. Juli gegen 3 Uhr tödliche Verletzungen am Kopf und einem 17-jährigen Mädchen schwerste Stichverletzungen zugefügt.
Es handle sich dabei um ein so genanntes "Kampfmesser", wie es bei der deutschen Bundeswehr benutzt werde, erklärt Butz: "Die Kollegen haben daraufhin Befragungen in der Kaserne in Bad Reichenhall durchgeführt. Die Hinweise haben sich immer mehr in Richtung Christoph R. verdichtet."
Für die Behörden ist die Arbeit noch lange nicht vorbei. "Die Verhaftung ist ein Meilenstein, aber wir stehen jetzt vor einem Puzzle und müssen die Teile erst zusammenfügen, damit es zu einer stichfesten Anklage kommen kann", sagt Wolfgang Giese von der Staatsanwaltschaft Traunstein. Gegen R. bestehe der Verdacht des Mordes und des Mordversuchs in Tateinheit mit schwerem Raub und Körperverletzung.
Das Motiv ist noch unklar. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Opfer in keiner Beziehung zum Täter stehen und ihm zufällig in die Hände gefallen sind, als sie nach dem Fußball-WM-Finale auf dem Heimweg waren. "Es hätte jeden treffen können", sagt Soko-Chef Butz.
„Der Fonsei kommt nicht mehr“ – ein Satz, den Eva S. mittlerweile fast mechanisch aufsagt. Immer wieder wird sie in ihrem Café in Bad Reichenhall nach ihrem Lebensgefährten Alfons S. gefragt. Und immer wieder muss sie erzählen, dass „der Fonsei“, wie der 73-Jährige genannt wurde, in der Nacht des Fußball-WM-Finales auf dem Heimweg ermordet wurde.
In Reichenhall ist die Bluttat Stadtgespräch, die Gerüchteküche brodelt. „Von der Kripo werde ich regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht. Auf das Gerede der Leute höre ich gar nicht.“ Details zur Tat müsse ihr die Polizei aber aus taktischen Gründen vorenthalten, erklärt sie: „Nicht zu wissen, wie er gestorben ist und ob er leiden musste, ist schlimm. Ruhe werde ich erst finden, wenn ich dem Täter vor Gericht in die Augen schaue und alle Details erfahre.“
Die Festnahme des 20-jährigen Soldaten sei „erfreulich“, Erleichterung habe sich aber noch nicht eingestellt. „Ich kann fast nicht glauben, dass ein 20-jähriges Bubi wie der meinen Alfons getötet haben soll. Und ich verstehe auch nicht, warum.“
In einer Ecke ihres Cafés hat sie Bilder aus schönen Tagen mit ihrem Lebensgefährten aufgestellt. Er habe ihr geholfen, das Geschäft aufzubauen. „Ich halte die Zeit mit ihm in Ehren, indem ich weiterarbeite und nach vorne schaue.“