Mitten im Gebet der erste Hitlergruß
Von Thomas Martinz
„Za dom spremni.“ Die Worte, die ein schwarz gekleideter Kroate an seinen Nebenmann richtet, sind gemurmelt. Er befindet sich mitten im Prozessionszug, der die Fußgänger vom Friedhof in Bleiburg/Kärnten bis zum rund zwei Kilometer entfernten Loibacher Feld führt. Fast 300 Polizisten säumen die Straße, ein Beamter filmt, und die Herren vom Verfassungsschutz in ihren gebügelten Hosen und Hemden stechen hervor. Sie sehen und hören mit.
„Für die Heimat – bereit“, heißen die umstrittenen Worte, die einst das faschistische Ustascha-Regime gebrauchte. Sie zu verwenden ist nicht verboten, aber eine Gratwanderung – wie die ganze als Kriegsopfergedenken getarnte Veranstaltung an diesem heißen Samstagnachmittag in Bleiburg.
Mit Herz verziert
„Egal ob am Friedhof oder am Loibacher Feld, überall und jedes Jahr wird mit Symbolen am Rande oder jenseits der Legalität provoziert“, sagt ein Anrainer und zeigt auf einen Gedenkkranz, gestaltet nach dem Ustascha-Wappen, das – im Gegensatz zur kroatischen Fahne – links oben mit einem weißen Quadrat beginnt. Viele Kroaten haben das Wappen mit einem roten Herz versehen. Aber: alles legal – in Österreich und in Kroatien.
Am Loibacher Feld, wo die kroatische katholische Kirche ihre Gedenkmesse veranstaltet, wird kontrolliert. Bullige Männer in hellblauen T-Shirts schicken Landsleute weg vom Privatgrund des „Bleiburger Ehrenzuges“. „Verbotene Abzeichen“, lautet die Begründung der Security. Die Gruppe geht Richtung Bus, angezeigt wird niemand. Ein Mann der sich ein Ustascha-Abzeichen an den Hut gesteckt hat, schlüpft durch die Kontrolle. Eine Ustascha-Fahne weht im Wind, die Landsleute daheim wird es freuen, denn das Staatsfernsehen überträgt die Messe live. Auch Jacken mit dem Aufdruck „Za dom spremni“ sind zu erblicken, viele Besucher tragen T-Shirts des einschlägig benannten kroatischen Musikers Thompson.
Verbot der Messe
Spätestens jetzt müsste die Diözese Klagenfurt-Gurk den Entschluss fassen, die Zustimmung zur Messe 2019 zu untersagen, denn Ustascha-Symbole und andere zweifelhafte Abzeichen wollte man am Loibacher Feld nicht mehr sehen. Dass sich hier nicht nur Wallfahrer zum Totengedenken tummeln, liegt sowieso auf der Hand.
Auch der erstmals anwesende Staatsanwalt Marcus Pacher bekommt Arbeit. Er wird sogar von Richter Christian Liebhauser-Karl begleitet, der sich „ein Bild vom Treffen machen will“. Kann er, denn während der kroatische Erzbischof Zelimir Puljic vor 12.000 Besuchern seine Messe liest, erhält Pacher die Nachricht, dass auf der Zufahrtsstraße der erste Hitlergruß an diesem Tag gezeigt wird. Der glatzköpfige Verdächtige wird ausgeforscht und vorgeführt. Auf der Rückseite seiner Lederjacke ist ein Zeichenwirrwarr und der Spruch „In hoc signo vinces“ („In diesem Zeichen wirst du siegen“) zu sehen. Er bestreitet die Tat und wird zur weiteren Vernehmung nach Bleiburg gebracht.
Sieben Festnahmen
Insgesamt setzt es heuer neun Anzeigen nach dem Verbotsgesetz. „Sieben Verdächtige wurden festgenommen, zwei Anzeigen gegen unbekannte Täter wegen des Hitlergrußes und eine wegen eines Aufenthaltsverbots sind erfolgt“, sagt Polizeisprecher Rainer Dionisio.
Erstmals wurde 2018 auch eine Gegen-Demonstration veranstaltet, die im drei Kilometer entfernten Bleiburg stattfand. Rund 100 Personen antifaschistischer Organisationen nahmen daran teil. Es kam zu keinerlei Konfrontationen mit den Gästen des Gedenktreffens.