Mehr Anklagen wegen Hass im Netz
Von Julia Schrenk
Dick sein. Die falsche Kleidung tragen. Das falsche Smartphone haben. Kein Smartphone haben. Das Falsche sagen. Zu viel sagen, zu wenig sagen.
Gründe für Mobbing gibt es viele – und zwar egal, ob offline von Angesicht zu Angesicht oder online, etwa in Social Media, gemobbt wird. Doch über Facebook oder WhatsApp-Gruppen lassen sich Lügengeschichten, Gemeinheiten und kompromittierende Fotos rasend schnell verbreiten. Immer wieder wurden zuletzt Fälle von Cybermobbing in Schulen bekannt. Jener des 13-jährigen Joel aus Kärnten war besonders tragisch: Er wurde von seinen Mitschülern auf Facebook so stark gemobbt, dass er sich das Leben nahm.
Hass und Gewalt
"Die Justiz hat auf die Zunahme von Straftaten im Netz sehr früh reagiert", sagt dazu Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP), der auch eine erste Bilanz zur Verfolgung von Hasspostings und Internet-Kriminalität zieht.
Wie berichtet, wurde der Tatbestand der Verhetzung (§ 283 StGB) ebenfalls per 1. Jänner 2016 novelliert. Seitdem ist nicht nur das "Auffordern zu Gewalt", sondern auch das "Aufstacheln zu Hass" mit Strafe bedroht. Wer Gewaltaufrufe und Hasstiraden im Netz an zehn bis 30 Menschen verbreitetet, dem droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Wer dasselbe einer "breiten Öffentlichkeit" (150 Personen) zugänglich macht, riskiert drei Jahre Haft.
Seit Inkrafttreten der Novellierung 2016 wurde in 113 Fällen Anklage erhoben. 2015 waren es 80 Anklagen. Auch bei den Verurteilungen kam es zu einem Anstieg, und zwar von 44 im Jahr 2015 auf 54 im Jahr 2016. Das entspricht einer Steigerung von 23 Prozent.
Blick geschärft
Laut Philip Sinner, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung audivisuelle und Online-Kommunikation an der Universität Salzburg, sind Cybermobbing, Radikalisierung und Hate-Speech (Hass-Tiraden im Internet, Anm.) "in letzter Zeit einige der größten Themen in Politik, Wissenschaft und Medien". Es sei "gut, dass der Blick darauf gerichtet wurde".
"Der Paragraf 107c des Strafgesetzbuches ist wichtig, damit es keine juristischen Winkelzüge gibt, die eine Verurteilung bei Online-Mobbing unmöglich machen", sagt Sinner, denn: "Viele, die von Cybermobbing betroffen waren, wurden vorher auch offline gemobbt."