Chronik/Österreich

Ludwig Muxel: "Ich habe ein gutes Gewissen"

Es ist ein fragwürdiger Deal, wegen dem die Korruptionsstaatsanwaltschaft nun bereits seit Monaten ermittelt. Der Tiroler Immo-Tycoon Rene Benko soll der Gemeinde Lech, wie berichtet, 250.000 Euro für ein beschleunigtes Behördenverfahren für den Bau eines Luxus-Chalets geboten haben (siehe unten). Es steht der Verdacht der Vorteilsannahme und der Vorteilszuwendung im Raum.

Als Beschuldigter wird u.a. Ludwig Muxel, der Bürgermeister von Lech, geführt. Im KURIER-Interview spricht er über seine Rolle in der Causa, aber auch die umstrittenen Widmungen von Ferienwohnungen in dem Vorarlberger Nobel-Skiort.

KURIER: Warum haben Sie bisher zu dem angeblichen Angebot von Benko geschwiegen?

Ludwig Muxel: Es gibt ein laufendes Verfahren. Ich kann, darf und will dazu nichts sagen. Ich bin sowohl familiär als auch als Beschuldigter involviert.

Laut Protokoll waren Sie bei der Gemeindesitzung, bei der über die Zahlung debattiert wurde, aber gar nicht anwesend.

Ich war keine Minute dabei. Ich war in dieser Sache weder als Bürgermeister noch als Ludwig Muxel jemals involviert, weil ich befangen bin, und habe auch an keinen informellen Gesprächen teilgenommen.

Warum wird dann auch gegen Sie ermittelt?

Offensichtlich hat mich jemand angezeigt. Ich weiß nicht, wer. Aber mir ist wichtig, dass ich ein gutes Gewissen habe. Ich habe das allerbeste Gewissen gehabt und habe es immer noch. Tue recht und scheue niemand.

Im Ort hört man bei Hoteliers, dass das Benko-Chalet gar kein richtiges Hotel, sondern bloß eine "Immobilientrophäe" sei. Wie sehen Sie das?

Es ist unser großer Wunsch und Wille, dass wir Häuser haben, die leben. Beim "Chalet N" ist es durchaus so, dass ständig wechselnde Gäste da sind. Wir prüfen das ganz genau. Die Gemeinde achtet streng darauf, dass Hotels so verwendet werden, wie es die Gewerbeberechtigung vorsieht.

Sehen Sie die Gefahr, dass reiche Lech-Fans sich Hotels zum Privatvergnügen kaufen?

Die Gemeinde kann nicht ohne Weiteres verhindern, dass ein Haus oder Hotel verkauft wird.

In Lech gibt es eine Flut an Anträgen zur Bewilligung der so umstrittenen Ferienwohnungen. Wie sieht es damit aus?

Uns liegen circa 90 Anträge vor, die dem Gesetz entsprechend abgewickelt werden. Das ist viel Arbeit, weil jeder Fall einzeln bearbeitet werden muss.

Der Landtag hat zuletzt das entsprechende Gesetz repariert, weil das alte EU-rechtswidrig war. Es gibt die Meinung, dass bereits zuvor angebrachte Einträge nach der alten Regelung bearbeitet werden und dann wohl genehmigt werden müssen. Welche Regelung wollen Sie heranziehen?

Die aktuelle Gesetzeslage. Es ist wichtig, dass Lech in seiner bestehenden Form erhalten bleibt. Ich mache keine Hehl daraus, dass wir keine zusätzlichen Ferienwohnungen haben wollen.

Trotzdem wurden in der Vergangenheit immer wieder Genehmigungen erteilt. Da gab es auch den Vorwurf der Freunderlwirtschaft Ihnen gegenüber.

Wir haben im Gemeindevorstand in jedem einzelnen Fall über Plus und Minus abgewogen. Mit der Bewilligung der Ferienwohnung von Sebastian Vettel konnten wir etwa einer Lecher Familie helfen und den Bestand ihres Hotels absichern.

Stimmt es, dass es Abwerbeversuche rund um den Formel-1-Star gegeben hat?

Es gibt Aussagen von Tiroler Bürgermeistern, dass Vettel bei ihnen nicht morgen, sondern heute eine Bewilligung für eine Ferienwohnung bekommen würde, wenn wir ihn nicht wollen. Den vierfachen Weltmeister im Dorf zu haben, ist keine Schande. Die eine oder andere Gemeinde würde Vettel sogar eine Mitgift geben. Vettel ist ein sympathischer und bescheidener Gast, der sehr gerne in Lech ist.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat ihre Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. „Es konnten noch nicht alle Verfahrensbeteiligten einvernommen werden“, teilt Behördensprecher Norbert Hauser mit. Im Juli werde sich dann zeigen, ob weitere Ermittlungsschritte notwendig sind. Gegen wen sich diese bisher richteten, wird nicht gesagt. Es geht um einen Deal zwischen der Gemeinde Lech und Immobilieninvestor René Benko bzw. dessen Stiftung. Der hat 2011 den baufälligen Berggasthof Schlössle in Lech erworben und später abreißen lassen. Heute steht das luxuriöse „Chalet N“ auf diesem Platz.

Im Vorfeld des Baus soll Benko der Gemeinde 250.000 Euro für eine „zeitlich vernünftige Abwicklung der Genehmigungsverfahren“ geboten haben. So heißt es zumindest im Protokoll einer Gemeindesitzung. In der wurde darüber debattiert, ob Lech auf das Ausjudizieren eines Vorverkaufsrecht beim Schlössle verzichten sollte. Dafür bot Benko ebenfalls 250.000 Euro. Geflossen sind letztlich 500.000 Euro – als Ablösesumme.

Familienbesitz

Nicht bei dieser von großen Diskussionen – unter anderem über das Prozessrisiko – geprägten Sitzung anwesend waren laut Protokoll wegen Befangenheit Bürgermeister Ludwig Muxel und sein Cousin und damaliger Gemeinderat Stefan Muxel. Ihr Familienzweig wollte das „Schlössle“ ursprünglich von einem Verwandten übernehmen, der aber letztlich an Benko verkaufte. Bei dem Berggasthof handelte es sich um das Elternhaus von Ludwig Muxels Vater.