Chronik/Österreich

Landwirt will seinen Hof nach Schenkung an Gut Aiderbichl wieder zurück

Als "modernes Aiderbichler Märchen" wird die Übernahme des Hofs des niederösterreichischen Landwirts Leopold W. auf der Internetseite des Gnadenhof-Betreibers Gut Aiderbichl gepriesen. Die Geschichte des hilfesuchenden Landwirts, der wegen "seiner Notlage" in Sorge um die Dutzenden Tiere war und sich daher an Aiderbichl-Gründer Michael Aufhauser wandte. Im Frühling 2008 übertrug der mittlerweile 75-jährige Bauer seine Landwirtschaft in Kilb (Bezirk Melk), ein rund 34 Hektar großes Areal, an die Gut Aiderbichl Privatstiftung.

Keine zehn Jahre später ist der Zauber des "Märchens" längst verflogen. Diese Woche befasst sich das Landesgericht St. Pölten erneut mit der Schenkung. Der Landwirt hatte deswegen Ende 2016 eine Zivilklage gegen die Aiderbichl-Stiftung eingebracht. "Es gibt massive Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt des Notariatsakts", sagt Gerichtssprecherin Andrea Humer. Der Landwirt fordert die Rückgabe des Hofs – oder Schadenersatz in Höhe von 900.000 Euro. Der Bauer will nämlich nichts von der Übertragung seiner Landwirtschaft gewusst haben, als er damals seine Unterschrift beim Notar geleistet hatte. Bisherigen Medienberichten zufolge soll W. wegen einer möglichen Besachwalterung und Anzeigen aus der Nachbarschaft unter Druck gestanden sein.

Zu den Umständen der Schenkung muss W. am Freitag vor Gericht aussagen – unter Beiziehung eines Sachverständigen, schildert Humer. Dieser wird ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstellen, das klären soll, ob W. zum Zeitpunkt der Schenkung im Frühjahr 2008 geschäftsfähig war. Sowohl die Vertreter des Klägers als auch jene von Gut Aiderbichl rechnen mit einem langwierigen Verfahren.

"Typische Übergabe"

Für Aiderbichl-Anwalt Gerhard Lebitsch ist die Klage von Leopold W. unerklärlich. "Der Streit ist völlig absurd", sagt Lebitsch. "Er war mit der Betriebsführung und der Tierhaltung überfordert." Daher sei der Bauer auf Aiderbichl zugegangen, um seine Tiere zu retten. Lebitsch spricht von einem "typischen Übergabevertrag", wie er auch bei Familienbetrieben üblich sei.

Im Notariatsakt zur Schenkung sei laut Lebitsch neben dem lebenslangen (kostenlosen) Wohnrecht, der Tilgung von bestehenden Schulden und der Übernahme von allfälligen Bestattungskosten auch ein monatliches "Handgeld" in Höhe von 200 Euro verankert. Aiderbichl habe von November 2008 bis zur Einbringung der Klage Anfang 2017 freiwillig 700 Euro bezahlt. In diesem Zeitraum seien knapp 70.000 Euro an den Landwirt geflossen, sagt Lebitsch. In Summe habe Aiderbichl seit der Übernahme von W. 3,85 Mio. Euro in den Hof gesteckt. Knapp 600.000 Euro seien demnach in einen neuen Laufstall (kleines Bild) geflossen, der 2012 fertiggestellt worden sei.

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2015 habe sich dann erstmals der damalige Anwalt W.s in einem Schreiben an die Aiderbichl-Stiftung gewandt – kurz nachdem die ersten Ermittlungen bekannt geworden seien. Kein Zufall, vermutet Lebitsch. Über die Klage zeigt sich auch ein Kenner der Liegenschaft verwundert. "Ich würde den Hof nicht geschenkt haben wollen", sagt der Insider unter Verweis auf den desolaten Zustand der Gebäude zum Zeitpunkt der Übernahme.

Für Gut Aiderbichl ist die Causa nicht der einzige Rechtsstreit. Die Bundesländer Oberösterreich und Salzburg haben wegen eines zweifelhaften Testaments eines millionenschweren Tierliebhabers zugunsten Aiderbichls ebenfalls geklagt – der KURIER berichtete. Das Verfahren ist wegen laufender Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft allerdings ruhend gestellt.