Kurioser Streit: Tiroler Dorf seit sechs Jahren ohne Apotheke
Von Christian Willim
Emmi Hirschberger kommt mit zwei vollen Sackerln aus dem örtlichen Supermarkt von Oberperfuss. Ihre Lebensmitteleinkäufe erledigt die 75-Jährige selbst. Wenn sie Medikamente benötigt, wird das schon schwieriger. "Da muss ich nach Kematen fahren oder eine meiner Töchter fragen, ob sie mir das besorgen können", erzählt Hirschberger.
Bürgerfrust
Denn seit 2009 gibt es in ihrem Ort keine pharmazeutische Versorgung mehr. Der Nachfolger der pensionierten Landärztin im 3000-Einwohner-Dorf durfte nämlich laut Gesetz deren Hausapotheke nicht übernehmen. Die nächste Apotheke befindet sich in Kematen. "Für ältere Leute oder die, die keine eigenes Auto haben, ist das nicht gerade fein", sagt Hirschberger.
Auch Heidi Abfalterer würde sich eine Apotheke im Ort wünschen. "Man deckt sich natürlich vorsorglich mit Kopfwehtabletten und Ähnlichem ein. Aber wenn man wirklich krank ist, wäre es schon wichtig, dass es fußläufig eine Apotheke gibt", sagt die 46-Jährige.
Nationalrat Hermann Gahr (VP) brachte im Parlament eine Petition der Gemeinde ein, das Apothekengesetz derart zu ändern, dass solche Kuriositäten ausgeschlossen werden. Die gibt es aber laut Gert Wiegele, Referent für Landmedizin bei der Österreichischen Ärztekammer, der von bundesweit 100 geschlossenen Hausapotheken in den vergangenen fünf Jahren spricht, immer wieder. "Es ist verrückt. Aber die Politik tut einfach nichts, um das Problem zu lösen."