Kraftwerkspläne: Touristiker bangen um Existenzgrundlage
Von Christian Willim
Vor vier Jahren hat Hans Neuner unter dem Beifall und mit Hilfe von Förderungen der Tiroler Landespolitik seinen Outdoorpark Area 47 an der Mündung der Ötztaler Ache in den Inn eröffnet. Nun fürchtet er um die Hauptgrundlage seines Geschäftes: das Rafting. Die Bedrohung kommt ausgerechnet vom Landesenergieversorger Tiwag. Der hat mehrere Kraftwerksprojekte im Tiroler Oberland in Vorbereitung.
Neuner und 22 weitere Outdoor-Unternehmer in der Region bangen um ihre Existenz, wie Branchenvertreter am Donnerstag bei einer Pressekonferenz erklärt haben. "Die Tiwag braucht viel Wasser, um wirtschaftlich zu sein. Wir haben das selbe Problem", bringt Neuner das Dilemma auf den Punkt.
Die Unternehmer haben Angst, dass ihnen sprichwörtlich das Wasser abgegraben wird, wie sie sagen. Konkret sind es zwei Projekte, die ihnen besondere Sorgen bereiten. Für die geplante Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal soll Wasser aus der Ötztaler Ache ausgeleitet werden. Das Kraftwerk Imst-Haiming würde sich vor der Imster Schlucht aus dem Inn bedienen.
Die betroffenen Gewässer sind Rafting-Hotspots. "Sollten diese Kraftwerke umgesetzt werden, gibt es diese Sportart im Oberland nicht mehr", ist Marcel Pachler, Obmann des Tiroler Raftingverbands überzeugt.Und damit ist ein ganzer Tourismuszweig bedroht, wie Lois Amprosi, Branchenvertreter bei der Wirtschaftskammer, betont. "Wir werden oft unterschätzt. Aber wir bringen 198.000 Nächtigungen pro Saison, das sind allein 8 Millionen Euro Umsatz."
600 Arbeitsplätze
Amprosi hat gewissermaßen den Wert erheben lassen, den die Outdoor-Unternehmer für das Tiroler Oberland haben: Es geht demnach um rund 500 saisonale und rund 100 ganzjährige Arbeitsplätze. Die Rafting-Anbieter selbst generieren einen Umsatz von 9,1 Millionen Euro. Gemeinsam mit Systempartnern würden 38,5 Millionen Euro erwirtschaftet.110.000 Gäste steigen jedes Jahr zwischen Mai und September in Plastikboote, um die wilden Wasser des Oberlands hautnahe zu erleben.
Die Tiwag ist um Beruhigung bemüht. Sie hat ihre Argumente schon zwei Tage, bevor die Unternehmer vor die Presse getreten sind, an die Medien verschickt. Die Interessen des Raftingsports würden im Zuge des UVP-Bewilligungsverfahren berücksichtigt. "Schon alleine deshalb ist sichergestellt, dass niemand dem Raftingsport das Wasser abgraben wird", versichert Tiwag-Chef Bruno Wallnöfer.
Pachler zeigt sich zwar prinzipiell konsensbereit: "Aber wir sehen keine Variante für ein Nebeneinander. Die Politik wird entscheiden müssen, wo sie die Wertschöpfung haben will."