Chronik/Österreich

Kind starb bei Zahn-OP: Eltern verurteilt

Richterin Sabine Anzenberger hat die Bilder im Akt gesehen. „Das waren ja nur noch verfaulte Stumperln, wenn überhaupt. Haben Sie nicht gesehen, wie schlimm das Gebiss von der Laura ausschaut?“ Lauras Mutter nickt. Ja, schon, das habe sie. „Ich hab’ sie ja gefragt, ob sie zum Zahnarzt will. Aber sie hat gesagt, sie hat keine Schmerzen.“

Laura war zwei Jahre alt, als die Kinderärztin erstmals mahnte, dringend mit der Kleinen zum Zahnarzt zu gehen. Die Milchzähne waren kariesbefallen, manche schwarz verfärbt. „Das ist selten, dass Kinder so schlechte Zähne haben“, erinnert sich die Medizinerin. Der Sachverständige beschreibt das später als „komplett abgefaulte Restwurzeln“.

Es ist ein besonders tragischer Fall, denn Laura ist tot: Als Vierjährige starb sie infolge eines Lungenkrampfs nach einer Operation. Als ihr Gebiss endlich kontrolliert wurde, entschieden die Ärzte im Juni 2012, dass ihr die angegriffenen, eitrigen Zähne nur noch unter Vollnarkose gezogen werden könnten.

Kein Verfahren gegen Ärzte

Die Staatsanwaltschaft Graz stellte das Verfahren gegen die Ärzte ein: Der Tod des Kindes sei „schicksalhaft“ gewesen, befanden drei Gutachter. Die Staatsanwaltschaft Leoben klagte jedoch Lauras Eltern an: Die nicht gepflegten Zähne hätten den Eingriff überhaupt erst nötig gemacht. Die Kinderärztin ärgert sich darüber. „Das ist unbarmherzig“, schimpft sie im Gerichtssaal. „Da ist ein Kind gestorben, und die Eltern kommen vor Gericht.“ Richterin Anzenberger kontert, sie habe die Gesetze nicht gemacht.

Immer wieder hakt die Richterin nach: „Sie können doch einer Zweijährigen nicht die Entscheidung überlassen, ob sie zum Zahnarzt geht.“ Laura habe halt keine Schmerzen gehabt, antwortet die Mutter, 25. Er habe zu viel gearbeitet, antwortet der Vater, 24, um mit der Tochter zu einem Doktor zu gehen: „Ich hab’ die Zeit nicht gehabt.“ Nicht einmal, als die Mutter selbst wegen Schmerzen beim Zahnarzt war, wurde die Kleine angeschaut. „Als Mutter fühl’ ich mich unten durch“, seufzt sie, „es war ein Fehler.“ Aber sie habe ihr ständig Zahnbürsten gekauft und Zahnpasta, „mit Erdbeergeschmack und auch weiße. Was sie haben wollte“.

Schmerzpatientin

Weil die Vorderzähne aber „so schwarz“ waren, sei sie dann doch in die Zahnklinik gefahren. Stimmt nicht, zitiert die Richterin aus der Dokumentation des Spitals: „Sie war Schmerzpatientin. Das Kind hatte Schmerzen.“ Daran könne sie sich nicht erinnern, behauptet die Mutter. „Aber wenn es so da steht, muss es so sein.“

Das Urteil ist nicht rechtskräftig: Fünf Monate bedingte Haft für die Mutter, sieben Monate bedingt für den Vater. Wegen einer Körperverletzung, die nichts mit Laura zu tun hat, fällt die Strafe für ihn höher aus.